Hallo Tine,
da Du schon ein Zeugnis erhalten hast, klagst Du üblicherweise auf Zeugnisberichtigung. Üblich ist es, daß Du (bzw. Dein Anwalt) einen Gegenvorschlag formulieren. Die Klage lautet dann auf Ausstellung dieses Gegenvorschlages.
Nach Klageerhebung wird der Richter zunächst einen Gütetermin festlegen und versuchen, daß Du Dich dort mit der gegnerischen Partei einigst.
Sowohl der Richter, als auch die Anwälte haben ein Interesse daran, daß Ihr die Zeugnisstreitigkeiten schnell beilegt.
Die Richter möchten Kleckerkram wie Zeugnisse gerne schnell loswerden. Die Arbeit der Kläger, die Zeugnisse geändert haben möchten, können sie nur schwer selbst beurteilen und müssen daher "wischiwaschi"-Urteile fällen.
Für die Anwälte ist ein im Vergleichsverfahren erledigter Fall ein vergleichsweise leicht verdientes Geld. In den Güteverhandlungen verdienen sie nur unwesentlich weniger Geld als im streitigen Verfahren. Gleichwohl ist ein streitiges Verfahren sehr viel langwieriger und aufwendiger. Zunächst muß exakter begründet werden, es müssen Zeugen vernommen werden, eventuell geht die Verhandlung über mehrere Tage usw.
Wie gute Karten Du im Vergleichsverfahren hast, hängt also teilweise davon ab, welches Interesse die Anwälte (Dein eigener Anwalt und die Gegenpartei) an dem Verfahren haben.
Wichtig sind - wenn es um das streitige Verfahren geht - die Zeugen und alle Beweisstücke, die Deine gute Arbeit beweisen. Dein Zwischenzeugnis kann ein Trumpf sein, denn wenn das Zwischenzeugnis gut ist, ist tendenziell der Arbeitgeber in der Pflicht zu beweisen, daß Du schlechter geworden bist.
Zeugen spielen auch eine wichtige Rolle. Gut ist, wenn sie nicht direkt von Deinem Chef abhängen. Dann sagen sie eher unbefangen die Wahrheit. Es ist möglicherweise sinnvoll, viele Zeugen zu laden. Dann spricht sich Dein Fall nämlich schnell in der Belegschaft herum, woran Dein Chef normalerweise kein Interesse haben sollte. Viele Zeugen verringern auch die Freude des gegnerischen (leider auch des eigenen) Anwalts an dem Verfahren. Viele Zeugen bedeuten nämlich auch viel Arbeit.
Kunden als Zeugen können die Vergleichswilligkeit eines Arbeitgebers im Zweifel nochmals erhöhen, denn kaum ein Arbeitgeber möchte, daß solche Interna vor den Kunden verhandelt werden.
Ich kenne natürlich die Details Deines Falles nicht, ich will Dir aber ein wenig Mut machen. Zeugnisprozesse enden oft im Vergleich. In einem Prozeß kann sich Dein Zeugnis eigentlich nur verbessern.
Gleichwohl: In der ersten Instanz bezahlst beim Arbeitsgericht jeder seine eigenen Anwaltskosten - egal wer gewinnt. Die Gerichtskosten entfallen bei einem Vergleich. Im streitigen Verfahren bezahlt sie der Verlierer. Wenn Du eine Rechtschutzversicherung hast, solltest Du sie fragen, ob sie Deinen Fall übernehmen. Dann kannst Du Dich anwaltlich beraten lassen.
Ein allgemeiner Rat trotzdem: Es zahlt sich für Dich immer aus, wenn Du freundlich aber bestimmt um Dein Recht kämpfst. Dein Arbeitgeber ist auch nur ein Mensch. Möglicherweise einer, den Du nicht leiden kannst - aber sicher einer, der auch beleidigt sein kann.
Gruß,
Michael