Autor Thema: Zeugnisanalyse  (Gelesen 3176 mal)

Gast38

  • Gast
Zeugnisanalyse
« am: April 10, 2007, 14:31:22 Nachmittag »
Man könnte die ganzen Bewertungen auch viel einfacher haben,
als immer nachfragen zu müssen.

Dazu könnte folgende Internetseite eingerichtet werden:

schlechte Zeugnisse sind an folgenden Merkmalen zu erkennen:

Selbstverständlichkeiten:

Selbstverständlichkeiten werden besonders hervor gehoben.
Das kann so gedeutet werden, das der Arbeitnehmer sonst nichts
zu bieten hat. Ehrlichkeit sollte vor allem bei Arbeitnehmern erwähnt
werden, welche die Kasse führen, z.B. im Supermarkt, Gastronomie,
Tankstellen. Dabei wäre es besser, wenn ein stets davor steht, das
wertet die Note auf, sonst ist es eine drei. Fehlt das Wort stets kann
der Eindruck entstehen, man sei nicht immer ehrlich gewesen.

Ebenso wird Fleiß und Pünktlichkeit vorausgesetzt und bräuchte nicht erwähnt werden, wobei Pünktlichkeit so gedeutet werden kann, als wenn der Arbeitnehmer pünktlich zum Feierabend geht. Nicht schädlich sind
diese Attribute, wenn alle andere Angaben über die Leistung vorhanden sind.

Diesen Beitrag gibt es schon auf der Seite hier im Forum bei
den Schlagwörtern. Er könnte aber noch ergänzt werden.

Verhalten des Arbeitnehmers:

wird nichts zum Verhalten gesagt, wird dies als beredetes schweigen
gedeutet, nicht der Rede wert. Besser wäre es, wenn da stehen
würde: das Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Kollegen war
einwandfrei. Die Vorgesetzten sollten immer vor den Kollegen stehen, sonst kann es so gedeutet werden, als wäre hier etwas nicht in Ordnung.
Auch hier würde ein stets alles noch aufwerten. Sonst wäre es eine drei.
Wenn nur korrekt da steht, ist das schwächer zu bewerten. Das
wäre dann die Mindestanforderung.

Der Satz er war freundlich und hilfsbereit bedeutet = fachlich nicht zu gebrauchen

Wir haben ihn als einen ...... kennen gelernt.....
kennen gelernt klingt sehr distanziert und bedeutet:
eigentlich kann er/sie es nicht.

Schlussformel:

Wir wünschen beruflich alles Gute.

wenn keine privaten Zukunftswünsche im Schlusssatz stehen, dann
bedeutet dies, das man sich persönlich nicht gut verstanden hat.
Ein Zeichen vom angespanntem Verhältnis. Besser wäre es auch,
wenn ein weiterhin da stehen würde.

Wenn nicht gedankt und bedauert wird für eine gute Leistung ist
das ebenfalls keine gute Benotung. Die Attribute stets und sehr
würden auch hier die Beurteilung aufwerten, wenn gedankt und
bedauert wird.

Eine betriebsbedingte Kündigung ist gleichzusetzen mit aus
organisatorischen Gründen und das bedeutet meistens, das
Unternehmen ist froh, wenn der Arbeitnehmer ausscheidet.
Dies trifft besonders dann zu, wenn nur wenige oder ein
Arbeitnehmer entlassen wurde. Warum sollte dies auch
positiv gemeint sein?

Leistungsbeurteilung:

hier kommt es auf folgende dynamische Attribute an:
motiviert, engagiert, einsatzbereit, effizent.

Stehen diese Attribute in keinem Zeugnis deutet das auf
eine sehr langsame Arbeitsweise hin.  Ein stets würde
auch hier die Beurteilung aufwerten. Ohne diese Aufwertung
ist es immer eine drei.

Es ist also gar nicht so schwer eine eigene Analyse vorzunehmen,
wenn man weiß, was das fehlen mancher Begriffe bedeutet oder
eben die besondere Erwähnung mancher Begriffe.
Im Umkehrschluss kann man so feststellen was denn positiv ist.

Wollte dieses alles mal aufschreiben, weil viele wohl immer
noch glauben, das sie gute Zeugnisse haben, obwohl das gar
nicht der Fall ist. Wenn man alles genau analysiert weiß man,
warum immer Absagen kommen. Oft sind die Gemeinheiten
sehr versteckt und es ließt sich alles gut.

Mike

  • Gast
Zeugnisanalyse
« Antwort #1 am: April 12, 2007, 01:49:31 Vormittag »
Zitat
Es ist also gar nicht so schwer eine eigene Analyse vorzunehmen,
wenn man weiß, was das fehlen mancher Begriffe bedeutet oder
eben die besondere Erwähnung mancher Begriffe.

Das würde voraussetzen, dass man alle Zeugnisse "über einen Kamm scheren"  kann. Dass es also egal ist, ob jemand als Hilfsarbeiter oder als Vorstandsvorsitzender gearbeitet hat, ob er zwei Wochen oder zwanzig Jahre im Unternehmen war usw.
Deine lobenswerte Tipliste bezieht sich jedenfalls nur auf einzelne, recht allgemeine Auffälligkeiten, die ja auch in der Checkliste (siehe Link ganz oben) abgefragt werden.

Aber was ist mit dem Zeugnis eines Einkäufers, in dem nichts zur Verhandlungsstärke gesagt? Oder dem Zeugnis einer Sekretärin, in der die Diskretion unerwähnt bleibt? Was ist mit Sätzen wie
"Wir hatten ihn sehr geschätzt. Umso mehr bedauern wir, dass wir das Arbeitsverhältnis kurzfristig beenden mussten" oder "Sie stellte fachlich sehr hohe Anforderungen an sich, die sie jederzeit voll erfüllte" oder "Insgesamt erledigte er alle Aufgaben stets zu unserer vollen Zufriedenheit". Ist das gut oder schlecht?

Anderes Beispiel: Was ist eine angemessene Würdigung sehr guter Leistungen, was ist nur eine lieblose Aneinanderreihung von 08/15-Textbausteinen? Die Checkliste deutet es ja schon an: Man muss jedes Zeugnis individuell betrachten, man braucht Sprachgefühl und viel Erfahrung, um Zeugnisformulierungen  sicher einzuschätzen. Es werden vor den Arbeitsgerichten jährlich unzählige Prozesse um die Deutung von Arbeitszeugnissen geführt, ganz so einfach ist die Sachlage also leider nicht.


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