Autor Thema: Zeugnisformulierung - Verwirrung, ist das jetzt gut oder so naja...?  (Gelesen 2818 mal)

tom

  • Gast
Hallo zusammen,

auf der Suche im Internet nach Hilfe bin ich auf diese Forum aufmerksam geworden und hoffe hier einen Ratschlag von euch zu bekommen. Kürzlich habe ich ein Arbeitszeugnis erhalten und bin mir etwas unsicher was die Bewertung angeht. Folgendes ist dort u.a. geschrieben:

Abs 1:
Insbesondere bei der Aufgabe XY hat XY mit vielen Ideen, Einsatz und Ausdauer für ein erfolgreiches Gelingen gesorgt.

Abs 2:
XY erledigte viele der anfallenden Arbeiten selbständig und stets zu unserer vollsten Zufriedenheit. Sein Verhalten gegenüber seinen Vorgesetzten und der Firma war stets einwandfrei.

Abs 3:
Aufgrund seines guten Allgemeinwissens und der vorhandenen Fachkenntnisse war er intern Ansprechpartner für viele zusätzliche Aufgabenstellungen. Sein handwerkliches Geschick wird dabei oft gefragt.

Abs 4:
XY war als zuverlässiger und engagierter Mitarbeiter bei seinen Kollegen bekannt. Er verfügt über ein ausgeglichenes Wesen und findet deshalb bei seinen Mitarbeitern gebührende Anerkennung.

Abs 5:
XY verlässt das Unternehmen auf eigenen Wunsch, um weitere, neue Aufgabenfelder kennen zu lernen.

Abs 6:
Wir wünschen Ihm auf seinem weiteren beruflichen und privaten Weg alles Gute und Erfolg.

Wie findet ihr diese Aussagen? Hört sich das nach einem sehr guten/ guten/ ... Zeugnis an?

Was mich stutzig mach sind folgende Sachen. Zum einen steht nichts von "...wir bedauern sehr, dass XY uns verlässt..." oder so ähnlich. Das ist laut Info aus dem Netz wohl dann nicht gut?! Dann steht in Abs 2 viele aber nicht alle, also entspricht das wohl einem "gut". Bei Abs 3 steht vorhandenen Fachkenntnisse und gutes Allgemeinwissen, also auch "gut"?

Abs 1 bezieht sich nicht auf meine Haupttätigkeit, ist das dann quasi ein Bonus oder ist es eher negativ, dass zu meiner Hauptaufgabe dann nichts mehr gesagt wird?

Ich würde mich sehr über eure Rückmeldung freuen!

Vielen Dank,
Gruß vom Tom am Main!

Kalli66

  • Gast
Re: Zeugnisformulierung - Verwirrung, ist das jetzt gut oder so naja...?
« Antwort #1 am: Juli 27, 2015, 19:07:56 Nachmittag »
Zitat
Abs 1: Insbesondere bei der Aufgabe XY hat XY mit vielen Ideen, Einsatz und Ausdauer für ein erfolgreiches Gelingen gesorgt.
Das sollte dann eine besonders wichtige Aufgabe sein, keine Rountinearbeit. Der Ausdruck "für ein erfolgreiches Gelingen" ist etwas schwach, gab es denn Aufgaben, die nicht gelungen sind? 

Zitat
Abs 2: XY erledigte viele der anfallenden Arbeiten selbständig und stets zu unserer vollsten Zufriedenheit. Sein Verhalten gegenüber seinen Vorgesetzten und der Firma war stets einwandfrei.
"Viele" klingt hier sehr einschränkend. Bei manchen Arbeiten gelang dies nicht? 

Zitat
Abs 3: Aufgrund seines guten Allgemeinwissens und der vorhandenen Fachkenntnisse war er intern Ansprechpartner für viele zusätzliche Aufgabenstellungen. Sein handwerkliches Geschick wird dabei oft gefragt.
"Allgemeinwissen" und "oft" klingen hier ebenfalls nicht sehr vorteilhaft.

Zitat
Abs 4: XY war als zuverlässiger und engagierter Mitarbeiter bei seinen Kollegen bekannt. Er verfügt über ein ausgeglichenes Wesen und findet deshalb bei seinen Mitarbeitern gebührende Anerkennung.
Auch das klingt missverständlich oder mehrdeutig "Bei Kollegen (... aber nicht bei Vorgesetzten?)...  Warum nur "bekannt" statt "anerkannt"?

Zitat
Abs 5: XY verlässt das Unternehmen auf eigenen Wunsch, um weitere, neue Aufgabenfelder kennen zu lernen.
Abs 6: Wir wünschen Ihm auf seinem weiteren beruflichen und privaten Weg alles Gute und Erfolg.
Hier fehlt eine ganze Mende, z.B. der Dank, das Bedauern, das "weiterhin" vor "Erfolg" usw

Unter www.arbeitszeugnis.de/zeugnistest.php gibt es den "Zeugnistest mit Formulierungsvorschlägen", der kann Dir genauer aufzeigen, was das alles bedeutet und was fehlt. Man muss vor allem die Aufgabenbeschreibung bei der Analyse einbeziehen. 

tom

  • Gast
Re: Zeugnisformulierung - Verwirrung, ist das jetzt gut oder so naja...?
« Antwort #2 am: August 23, 2015, 16:05:42 Nachmittag »
Hallo zusammen,

das Thema mit dem Arbeitszeugnis habe ich noch mal mit meinem Chef besprochen. Ich habe Ihm gesagt, dass das Arbeitszeugnis nicht meiner Leistung entspricht. Außerdem habe ich nachgefragt, warum er mir dieses Zeugnis ausgestellt hat (also mit diesen Formulierungen) und habe auf alle Punkte aufmerksam gemacht, die u.a. auch hier angesprochen wurden.
Er konnte angeblich nichts dazu sagen und würde meine Aussagen garnicht verstehen, aber er wolle das Zeugnis prüfen lassen und dann nachbessern. Die Nachbesserung habe ich vor kurzem erhalten. Es wäre super, wenn sich die angebliche Nachbesserung hier noch mal jemand angucken könnte, da ich davon überzeugt bin, dass es sich hier nicht um eine Nachbesserung handelt. Folgendes habe ich jetzt erhalten:

Abs. 1:
Insbesondere bei der Aufgabe XY hat Herr Mustermann mit vielen Ideen, Einsatz, Eigeninitiative und Ausdauer für ein erfolgreiches Gelingen gesorgt.

Abs. 2:
Herr Mustermann erledigte viele der anfallenden Arbeiten selbständig und stets zu unserer vollsten Zufriedenheit. Sein Verhalten gegenüber seinen Vorgesetzten und der Firma war stets einwandfrei.

Abs. 3:
Aufgrund seines guten Allgemeinwissens und der vorhandenen Fachkenntnisse war er intern Ansprechpartner für viele zusätzliche Aufgabenstellungen. Sein handwerkliches Geschick war dabei oft gefragt.

Abs. 4:
Herr Mustermann war als zuverlässiger und engagierter Mitarbeiter bei seinen Kollegen anerkannt. Er verfügt über ein ausgeglichenes Wesen und fand deshalb bei seinen Mitarbeitern gebührende Anerkennung.

Abs. 5:
Herr Mustermann verlässt das Unternehmen auf eigenen Wunsch, um weitere, neue Aufgabenfelder kennen zu lernen.

Abs. 6:
Wir danken Ihm für seinen Einsatz und wünschen Ihm auf seinem weiteren beruflichen und privaten Weg alles Gute und Erfolg.

Was für Optionen bleiben denn jetzt noch?

Vielen Dank,
tom

Mike

  • Gast
Re: Zeugnisformulierung - Verwirrung, ist das jetzt gut oder so naja...?
« Antwort #3 am: August 24, 2015, 20:07:24 Nachmittag »
Die Wertungen sind mehrheitlich immer noch unvorteilhaft. Zum Beispiel "Herr Mustermann erledigte viele der anfallenden Arbeiten selbständig und stets zu unserer vollsten Zufriedenheit (einschränkend).

"Sein Verhalten gegenüber seinen Vorgesetzten und der Firma war stets einwandfrei" (korrekt wäre: "Vorgesetzten und Kollegen".

"Aufgrund seines guten Allgemeinwissens und der vorhandenen Fachkenntnisse", "fand deshalb bei seinen Mitarbeitern gebührende Anerkennung"  -Das würde ich mit der Note 4 bewerten.

Und es kommt noch auf viele Kleinigkeiten an, es müsste zum Beispiel heißen: "Wir danken Ihm ihm für seinen Einsatz seine sehr guten Leistungen und wünschen Ihm ihm auf seinem weiteren beruflichen und privaten Weg alles Gute und weiterhin viel Erfolg.

Man kann bei Diensten wie wwww.arbeitszeugnis.de zusammen mit einer Zeugnisüberarbeitung das "Anschreiben an den Arbeitgeber" beantragen, darin werden dann alle Änderungen (und die Kritikpunkte am vorherigen Zeugnis) auf Grundlage der Rechtsprechung detailliert begründet. 


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