Autor Thema: Zwischenzeugnis / volle Zufriedenheit?  (Gelesen 5860 mal)

Tango

  • Gast
Zwischenzeugnis / volle Zufriedenheit?
« am: März 16, 2006, 14:29:00 Nachmittag »
Guten Tag,

ich habe eine Frage:
Mein Arbeitgeber hat mir aufgrund eines Vorgesetztenwechsels ein sehr positives Zwischenzeugnis ausgestellt.
Aber zu folgendem Absatz habe ich eine Frage:
" Frau xy übt ihre Position jederzeit zu unserer vollen Zufriedenheit aus und entspricht unseren Erwartungen in jeder Hinsicht. Das Verhalten von Frau xy ist stets vorbildlich. Sie trägt in jeder Hinsicht zu einer sehr guten und effizienten Teamarbeit im Unternehmen bei. Auch ihr Verhalten gegenüber unseren Geschäftspartnern sowie gegenüber Kollegen ist einwandfrei. Sie repräsentiert unser Unternehmen in vorbildlicher Weise.
Das Zwischenzeugnis wird Frau xy aufgrund eines Vorgesetztenwechsels ausgestellt.
Wir möchten diese Gelegenheit nutzen, um Frau xy für die bisher geleistete sehr hervorragende Arbeit zu danken. Wir wünschen uns eine noch lange währende konstruktive Zusammenarbeit."

Ist es nicht üblich, bei einer sehr guten Bewertung "vollste" Zufriedenheit zu schreiben, auch wenn es dieses Wort eigentlich grammatikalisch nicht einwandfrei ist?

Vielen Dank für Ihre Antwort!

Klaus Schiller

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  • Beiträge: 1639
Zwischenzeugnis / volle Zufriedenheit?
« Antwort #1 am: März 16, 2006, 20:35:08 Nachmittag »
Die Aussage "Frau xy übt ihre Position jederzeit zu unserer vollen Zufriedenheit aus" entspricht der Note 2, die eigentlich überflüssige Ergänzung "und entspricht unseren Erwartungen in jeder Hinsicht" verweist für sich betrachtet aber eigentlich nur auf die Note 3 (korrekt: "Sie hat ihre Aufgaben stets zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt und unseren Anforderungen in jeder Hinsicht gut entsprochen.").

In der Rubrik "Häufige Fragen" (http://www.arbeitszeugnis.de/faq.php) finden Sie eine umfangreiche Erläuterung zur vollen/vollsten Zufriedenheit, hier heißt es:

Ist die gängige Formulierung "vollste Zufriedenheit" nicht sprachlich unmöglich?!
Mitunter lehnen Vorgesetzte und Personalabteilungen die Formulierung "Er/Sie erledigte alle Aufgaben stets zur vollsten Zufriedenheit" mit der Begründung ab, dass sie sprachlich falsch sei. Denn "voll" könne man nicht steigern. Stattdessen bieten sie die "stets volle Zufriedenheit" als Bescheinigung einer sehr guten Leistung an, doch dies entspricht keinesfalls der Gesamtnote "sehr gut" (Alternativen sind u.a.: "Er/ Sie erledigte alle Aufgaben stets zu unserer größten/höchsten Zufriedenheit" oder "Seine/ Ihre Leistungen waren stets sehr gut").
Der Superlativ "vollste" ist eine Hyperbel, eine bewusste sprachliche Übertreibung, die auch laut Duden keinesfalls sprachlich unkorrekt ist. Der Duden zitiert hier Thomas Mann mit der Formulierung "im vollsten Licht". Auch die Aussage "Dies Glas ist voller/leerer als jenes" ist korrekt, und zwar im direkten Vergleich. Und der liegt auch bei der Zufriedenheitsskala von Note 1 bis Note 6 eindeutig vor. Die Tatsache, dass man die "vollste Zufriedenheit" nicht einklagen kann, ändert nichts daran, dass diese Formulierung seit Jahrzehnten die gängigste Bescheinigung einer sehr guten Leistung ist, wie das BAG auch bestätigt:

"Der sehr guten Leistung entspricht die zusammenfassende Beurteilung "zur vollsten Zufriedenheit". Will der Arbeitgeber das Wort "vollste" vermeiden, so muß er eine sehr gute Leistung mit anderen Worten als "volle Zufriedenheit" bescheinigen." - BAG 23.9.1992 - AZR 573/91

"Es erscheint rabulistisch, dem Arbeitnehmer das Adjektiv "vollste" bei der Beurteilung im Zeugnis zu verweigern, wenn es in arbeitsrechtlichen Monographien, Musterbüchern und Zeitschriften gebräuchlich ist." - LAG Hamm 13.2.1992 - 4 Sa 1077/91

"Eine Notenskala mit nur fünf Noten läßt nicht die gesamte Bandbreite der Bewertung zu. Eine Notenskala mit sieben Stufen läßt weitere Bewertungen nach oben wie nach unten zu. Es empfiehlt sich, folgende Notenskala zu übernehmen: "stets zu unserer vollsten Zufriedenheit erledigt" = sehr gute Leistungen; "stets zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt" = gute Leistungen; "zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt" = vollbefriedigende Leistungen; "stets zu unserer Zufriedenheit erledigt" = befriedigende Leistungen; "zu unserer Zufriedenheit erledigt" = ausreichende Leistungen; "im großen und ganzen zu unserer Zufriedenheit erledigt" = mangelhafte Leistungen; "zu unserer Zufriedenheit zu erledigen versucht" = unzureichende Leistungen." - LAG Hamm 13.2.1992 - 4 Sa 1077/91
Klaus Schiller, arbeitszeugnis.de
Personalmanagement Service GmbH
schiller@arbeitszeugnis.de

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