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Arbeitszeugnisse => Arbeitszeugnisse => Thema gestartet von: Josefine am Februar 19, 2011, 02:21:33 Vormittag

Titel: Nachteilige Formulierung? Bitte um Bewertung
Beitrag von: Josefine am Februar 19, 2011, 02:21:33 Vormittag
Hallo,

ich konnte mein Arbeitszeugnis größtenteils selbst formulieren und habe es inzwischen auch erhalten - zweifele jetzt nachträglich aber an der ein oder anderen Formulierung, da ich dazu unterschiedliche Meinungen gehört habe. Nun würde ich gern wissen, wie folgender Textabschnitt tatsächlich zu bewerten ist:

"Wir haben [xxx] als fleißige, zuverlässige und interessierte Mitarbeiterin kennengelernt, die sich in alle wichtigen Arbeitsbereiche sehr gut eingearbeitet und unsere Terminvorgaben stets zuverlässig eingehalten hat. Gegenüber Kunden und Geschäftspartnern zeigte sie sich jederzeit freundlich, kompetent und verantwortungsbewusst. Ihr Umgang mit Vorgesetzen und Kollegen war stets korrekt und sehr angenehm. [xxx] ist jederzeit in der Lage, eigene Auffassungen begründet zu vertreten."

Formulierungen wie "kennengelernt" und "korrekt" werden oft negativ bewertet, was ich vorher nicht wusste - wird die Aussage dadurch wirklich abgewertet?

Titel: Re: Nachteilige Formulierung? Bitte um Bewertung
Beitrag von: Satury78 am Februar 19, 2011, 06:41:25 Vormittag
Ironischerweise zählen Eigenentwürfe zu den schlechtesten Zeugnissen. Das liegt daran, dass sich Arbeitnehmer mit dem Zeugniscode nicht auskennen und unweigerlich Fehler machen, die man als Leser als Kritik versteht. Das betrifft vor allem Lücken: Es sollte nichts Wichtiges fehlen und was wichtig ist hängt vom Beruf ab (wichtige Fähigkeiten, Spezialkenntnisse, erzielte Erfolge...). Generell sollte man die übliche Zeugnisstruktur einhalten und nicht nur Worthülsen aneinander reihen, die gar nicht miteinander zu tun haben ("fleißig, zuverlässig und interessiert" ist so eine typische Querbeet-Formulierung).
Den Ausdruck "ich habe ihn/sie als ... kennen gelernt"  gebraucht man im Deutschen eigentlich nur, wenn man einer gegenteiligen Meinung widersprechen will (Meinung A: "Er ist faul" . Meinung B: "Wirklich? Also ich habe ihn als sehr fleißig kennen gelernt"). Die Floskel legt also nahe, dass es eine andere Meinung gibt als die hier geäußerte. Deshalb hat ein Arbeitsgericht vor ca. 10 Jahren geurteilt, dass die Aussage nicht verwendet werden soll.

Adjektive wie "korrekt" sind in der auf Lob ausgerichteten Zeugnissprache eher unterdurchschnittlich. Wertungen wie "ist jederzeit in der Lage, eigene Auffassungen begründet zu vertreten" klingt wie "wenn man sie auf Fehler anspricht hat sie immer eine Ausrede". Es gibt Zeugnisdienstleister wie arbeitszeugnis.de, die schreiben Zeugnisse für Arbeitnehmer, damit solche karriereschädlichen Fehler vermieden werden. Eventuell kann man die da auch jetzt noch helfen, sodern dein Arbeitgeber das Zeugnis korrigieren würde. 
Titel: Re: Nachteilige Formulierung? Bitte um Bewertung
Beitrag von: Josefine am Februar 19, 2011, 07:50:55 Vormittag
Danke für die Stellungnahme. Es ist ja so: ich hatte die Gelegenheit, eigene Formulierungswünsche einzureichen, die dann so übernommen wurden. Wenn sich nun zeigt, dass diese Formulierungen eher negativ sind, habe ich dann das Recht, eine Korrektur zu verlangen - oder bin ich jetzt auf das Wohlwollen des Arbeitgebers angewiesen? Es wäre schön, wenn mir das jemand sagen könnte.