Autor Thema: Anspruch auf Zeugnis, wenn 1 von 2 Chefs in Rente geht?  (Gelesen 7363 mal)

nic122

  • Gast
Anspruch auf Zeugnis, wenn 1 von 2 Chefs in Rente geht?
« am: Juni 15, 2006, 11:46:45 Vormittag »
Hallo,

nach fast 15jähriger Zusammenarbeit ist einer meiner Arbeitgeber(A) in Rente gegangen. Sein Ausscheiden gestaltete sich nicht gerade loyal seiner Angestellten und seiner Partnerin gegenüber, aber aufgrund der langen"wir kennen uns"-Dauer hielt ich auch weiterhin den persönlichen und freundlichen Kontakt.  Regulär gekündigt, wegen seines Ausscheidens, wurden meine Kolleginnen und ich nicht. Er hat lediglich die Zusammenarbeit mit meiner anderen Cheffin (B) gekündigt. Meine verbliebene Cheffin hat mit allen Angestellten eine Änderung im bestehenden Vertrag gemacht (nicht mehr bei A+B angestellt, sondern nur noch bei B). Aufgrund des Ausscheidens und der entstanden wirtschaftlichen Lage, wurde nach kurzer Zeit eine Kollegin von Cheffin B gekündigt, bis sich die Lage evetl. wieder verbessert (z.B. ein neuer Partner wird gefunden).
Nach mehrmaligem Bitten haben alle Angestellten bis heute noch kein Arbeitszeugnis vom ehemaligen Chef A erhalten. Ich habe ihn mehrmals ein Datum genannt, zu dem er bitte für seine ehemaligen Angestellten ein Zeugnis ausstellen solle. Meine Kollegin, die sich um einen anderen Job bemühen möchte, hat von Chef A ebenfalls noch kein Zeugnis erhalten (nur von Cheffin B, auch nur von ihr unterschrieben). Ich selbst bekam die Antwort, dass ich bereits im Jahre 2000,also vor 6 Jahren, ein Zischenzeugnis von ihm erhalten habe.
Meine Frage nun: kann ich meinen in rente gegangenen Chef festnageln,  ein Zeugnis auszustellen?

Für eine Antwort oder einen Tipp bedanke ich mich im Voraus!

Grüße,
nic122

Mike

  • Gast
Anspruch auf Zeugnis, wenn 1 von 2 Chefs in Rente geht?
« Antwort #1 am: Juni 15, 2006, 13:33:16 Nachmittag »
Man sollte nicht unterschätzen, dass viele Menschen (und Arbeitgeber sind auch Menschen) einfach überfordert sind, wenn Sie ein Zeugnis ausstellen sollen. Man muss alle Daten korrekt zusammentragen, dazu alle Aufgaben kennen, sich mit der Zeugnissprache auskennen und  immer befürchten, dass man für jeden Satz verklagt werden kann. Das wird dann erstmal "auf die lange Bank" geschoben und irgendwann wird es den Arbeitgebern selbst so peinlich, dass sie es verdrängen und gar nicht mehr reagieren.
Ganz simple Lösung des Problems: Gib dem Ex-Arbeitgeber einen unterschriftsreifen Eigenentwurf. Unterschreiben kann jeder. Damit entlastest du ihn enorm und hast sogar noch dein Wunschzeugnis. Du kannst ihn natürlich auch verklagen, aber du solltest jetzt nicht Druck machen, sondern helfen.

Du kannst dir hier ein glaubwürdiges individuelles Zeugnis nach deinen Vorgaben erstellen lassen: http://www.arbeitszeugnis.de/neuentwurf2.php

gast

  • Gast
Anspruch auf Zeugnis, wenn 1 von 2 Chefs in Rente geht?
« Antwort #2 am: Juni 17, 2006, 19:32:17 Nachmittag »
Hallo Mike,

es geht nicht darum, dass er nicht wüsste, wie ein Arbeitszeugnis auszusehen hat. Mein Ex-Chef hat in seiner Arbeitgeberlaufbahn schon diverse hervorragende Zeugnisse ausgestellt und wie ich ihn kenne, hat er alle auf seinem PC abgespeichert, auch wenn sie noch so alt sind. Es wäre also ein leichtes, dieses oder jenes als Vorlage zu nutzen. Wie auch oben erwähnt, habe ich vor 6Jahren ein super Zwischenzeugnis erhalten.
Es geht mir vielmehr darum, wie ich ihn dazu bringen kann, dass er die Zeugnisse für mich und meine Kolleginnen überhaupt ausstellt; ob ich in diesem Fall (bei Ausscheiden eines von zweien Chefs), einen Anspruch auf ein Zeugnis habe und diesen als Druckmittel nutzen kann, da er auf meine bisherigen Bitten und Aufforderungen nicht reagiert hat (Anmerkung: er ist weder auf Reisen, noch krank, sondern einfach "fahrig" und erkennt das nicht als wichtig an).

grüße,
nic

Mike

  • Gast
Anspruch auf Zeugnis, wenn 1 von 2 Chefs in Rente geht?
« Antwort #3 am: Juni 17, 2006, 22:52:00 Nachmittag »
Also das sollte kein Problem sein. Ihr habt auf jeden Fall einen Anspruch auf ein Zeugnis. Hier die Rechtslage:

Als triftige Gründe für den Anspruch auf ein Zwischenzeugnis werden allgemein anerkannt: Bewerbung um eine neue Stelle, Vorlage bei Behörden und Gerichten, Stellung eines Kreditantrages, strukturelle Änderungen im Betriebsgefüge, z.B. Betriebsübernahme durch einen neuen Arbeitgeber oder Konkurs, sowie bevorstehende persönliche Veränderungen des Arbeitnehmers, z.B. Versetzung, Fort- und Weiterbildung, geplante längere Arbeitsunterbrechungen ab etwa einem Jahr oder auch Wehr- oder Zivildienst. - Urteil des Bundesarbeitgerichtes vom 21.1.1993 - 6 AZR 171/92

sowie

Das Ausscheiden eines Vorgesetzten, dem der Angestellte über mehrere Jahre unmittelbar fachlich unterstellt war, ist ein triftiger Grund für die Erteilung eines Zwischenzeugnisses im Sinne des § 61 Abs. 2 BAT-KF. - Urteil des BAG vom 1.10.1998 - 6 AZR 176/97

Wenn der Herr das nicht wichtig findet, wird ein Schreiben von einem Anwalt (Muster hier: http://www.ra-diedrich.de/taetigkeitsfelder/popup_arbeitsrecht/texte/zeugnisanforderung.htm) ihn sicher eines Besseren belehren. Wenn ihr es auf freundlichem Wege versuchen wollt, empfehle ich euch wie gesagt, ihm Eigenentwürfe zuzuschicken.  Andere Option: ihr lasst die Zwischenzeugnisse von der jetzigen Chefin unterschreiben. Ein Außenstehender weiß ja nicht, ob der Unterzeichner die Person ist, die ausscheidet.


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