Autor Thema: Ausbildungszeugnis - Bedeutung?  (Gelesen 3762 mal)

Lisa

  • Gast
Ausbildungszeugnis - Bedeutung?
« am: August 03, 2007, 14:51:38 Nachmittag »
Ich habe auch mein Ausbildungszeugnis bekommen. Da ist ein Satz drinne, der kommt mir etwas seltsam vor. Kann mir jemand helfen???
Folgend der Textabschnitt aus dem Zeugnis:

Alle anfallenden Arbeiten und gestellten Aufgaben erledigte xy stets sehr gewissenhaft und zu unserer vollsten Zufriedenheit. Das persönliche Verhalten von xy gegenüber ihren Vorgesetzten war immer korrekt, höflich und zuvorkommend. Die Mitarbeiter kennen xy als sehr freundlich, hilfsbereit und kameradschaftlich......


mich irritiert "kameradschaftlich". Hört sich doch so an, als ob ich nur in ganzen tag auf der Arbeit den Kollegen Sachen aus meiner Freizeit erzähle.
Was meint ihr?? wär supi wenn sich jemand meldet.DANKE

Steffen69

  • Gast
Ausbildungszeugnis - Bedeutung?
« Antwort #1 am: August 05, 2007, 15:56:58 Nachmittag »
Zitat
Alle anfallenden Arbeiten und gestellten Aufgaben erledigte xy stets sehr gewissenhaft und zu unserer vollsten Zufriedenheit.


"gewissenhaft" gehört zur Lern- und Arbeitsweise.  Die Lern- und Arbeitsweise ist einer von sechs Aspekten, die im Leistgungsteil bewertet werden müssen. Insgesamt sind das:

1.Lern- und Arbeitsbereitschaft( Motivation)
2.Lern- und Arbeitsbefähigung (z.B. Auffassungsgabe)
3.Wissen
4.Lern- und Arbeitsweise
5.Lern- und Arbeitserfolg
6.Gesamtnote (=Grad der zufriedenheit)

Die "vollste Zufriedenheit" verweist auf die Gesamtnote 2+. Wäre das "stets" anders positioniert und würde es direkt vor der "vollsten Zufriedenheit" statt vor "gewissenhaft" stehen, wäre es die Gesamtnote 1.

Nach dem Leistungsteil kommt der Verhaltensteil:  
Zitat
Das persönliche Verhalten von xy gegenüber ihren Vorgesetzten war immer korrekt, höflich und zuvorkommend.

Das ist auffällig. Eigentlich sollten in diesem wichtigen Satz (der Verhaltenszusammenfassung) neben den Vorgesetzten auch die Mitarbeiter und die Mitauszubildenden genannt sein.
Das Adjektiv „korrekt“ wird als Verhaltensbewertung deutlich schwächer bewertet ist als z.B. „vorbildlich“ oder „einwandfrei“. Ein "korrektes“ Verhalten erfüllt in der Zeugnissprache eigentlich nur Mindestanforderungen.

Zitat
Die Mitarbeiter kennen xy als sehr freundlich, hilfsbereit und kameradschaftlich......

"Kennen als" ist auch unvorteilhaft bzw. missverständlich. Es gibt dazu z.B. folgendes Urteil: "Wenn auch die von der Arbeitgeberin gewählte Formulierung "wir haben Frau X. als eine freundliche und zuverlässige Mitarbeiterin kennengelernt" sich nicht abwertend anhört, wird der Arbeitnehmerin damit jedoch gerade nicht bescheinigt, dass sei eine tatsächlich "freundliche und zuverlässige Mitarbeiterin" gewesen ist, denn der Gebrauch des Wortes "kennengelernt" drückt stets das Nichtvorhandensein der im Kontext aufgeführten Fähigkeit oder Eigenschaft aus, wie von Seiten der Germanisten in einer ganzen Reihe von Schriften mit Untersuchungen zur Zeugnissprache eindrucksvoll belegt worden ist. - LAG Hamm 27.4.2000 - 4 Sa 1018/99"

Einen Überblick über die Struktur eines vollständigen AZUBI-Zeugnisses findest du hier:
http://www.arbeitszeugnis.de/images/Zeugnisstruktur-AZUBI.pdf
Alternativ kann ich dir den Zeugnistest mit Formulierungsvorschlägen empfehlen: http://www.arbeitszeugnis.de/zeugnistest.php


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