Autor Thema: Bin unerfahren mit Arbeitszeugnissen und darum misstrauisch.  (Gelesen 3852 mal)

gast

  • Gast
Bin unerfahren mit Arbeitszeugnissen und darum misstrauisch.
« am: August 03, 2006, 13:00:09 Nachmittag »
Hallo

Weil ich ein halbes Jahr lang krank war, bevor ich gekündigt habe. Traue ich meinem Arbeitgeber allerlei zu...
Das Arbeitszeugnis scheint mir auf den ersten Blick sehr gut. Trotzdem bin ich misstrauisch.
Hier ein Abschnitt aus dem Zeugnis:
"Frau... genoss das volle Vertrauen seitens der Eltern und der Behörde. Sie engagierte sich, obwohl sie im Teilpensum an unserer Schule unterrichtet, sehr für die allgemeinen Belange unserer Schule.
Die Zusammenarbeit im Lehrerteam war für sie selbstverständlich. Ihr unkomplizierter und kollegialer Umgang wurde gleichermassen von allen Lehrkräften geschätzt und geachtet.

Es ist mir auch aufgefallen, dass jeglicher Dank fehlt :roll:

Gruss ...

Mike

  • Gast
Bin unerfahren mit Arbeitszeugnissen und darum misstrauisch.
« Antwort #1 am: August 03, 2006, 20:16:06 Nachmittag »
Das sind ziemlich belanglose Aussagen, wichtiger ist die Bewertung der pädagogischen Kompetenz und der Arbeitsweise im Unterricht bzw. dem Erfolg. Der Satz "obwohl sie im Teilpensum an unserer Schule unterrichtet" ist nicht ohne Ironie , wenn man den krankheitsbedingten Ausfall (:lol: "Teilpensum") berücksichtigt  - aber so ist das sicher nicht gemeint.

Ohne Dank, Bedauern und angemessene Zukunftswünsche wäre allerdings auch das beste Zeugnis nicht glaubwürdig. Prüf doch alles nochmal mit der Checkliste: http://www.arbeitszeugnis.de/zeugnistest.php

gast

  • Gast
Bin unerfahren mit Arbeitszeugnissen und darum misstrauisch.
« Antwort #2 am: August 03, 2006, 21:00:00 Nachmittag »
Hallo Mike
Vielen Dank für deine Antwort.

Naja, gute Wünsche hat es schon, aber eben keinen Dank.

Über die pädagogische Kompetenz steht, dass mein Unterricht abwechslungsreich und klar strukturiert war und dass ich mich stets (zu vollen Zufrieden) für die Kinder eingesetzt habe.
(Immerhin etwas...)

Was aber meiner Meinung nach nicht ins Arbeitszeugnis gehört, ist folgender Satz:
"Frau... konnte seit dem 9.1.2006 krankheitshalber ihre Tätigkeit an der Primarschule nicht mehr ausüben."
Ich weiss nicht, was das einen späteren Arbeitgeber angeht !?

Gruss

Demel

  • Gast
Bin unerfahren mit Arbeitszeugnissen und darum misstrauisch.
« Antwort #3 am: August 04, 2006, 02:10:45 Vormittag »
Zum Thema Krankheit findest du recht viel im Forum, ich habs dir mal unten reinkopiert. Für mich lesen sich die Aussagen wirklich recht schwammig. Und wie schon gesagt wurde: Wenn der Dank fehlt und vielleicht auch das Bedauern des Ausscheidens, ist auch eine gute Zeugnisnote  nicht viel wert. Vielleicht solltest du mal die Experten drüberschauen lassen, unter www.arbeitszeugnis.de/zeugsnitest.php?!  

Jetzt zur Krankheit:

Arnulf Weuster ("Arbeitszeugnisse in Textbausteinen", Boorberg Verlag) schreibt:
...Ein Arbeitnehmer ist grundsätzlich nicht verpflichtet, seinem Arbeitgeber die Art der Erkrankung mitzuteilen. Insofern besteht keine Verpflichtung des Arbeitgebers, möglichen künftigen Arbeitgebern des Arbeitnehmers per Zeugnis entsprechende Informationen zu liefern. Es ist grundsätzlich Sache eines potentiellen Arbeitgebers, im Vorstellungsgespräch im Rahmen seines Fragerechts nach Krankheiten zu fragen und eine Einstellungsuntersuchung zu veranlassen.

Die Erwähnung langer Krankheitsfehlzeiten kann wegen der Wahrheitspflicht in Betracht kommen, wenn die Fehlzeiten im Verhältnis zur Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses beträchtlich sind.... (oder) wenn aufgrund der Krankheit der Beruf nicht mehr ausgeübt werden kann.

Da Krankheiten im Zeugnis selten genannt werden, ist klar, dass die Einstellchancen eines so "gebrandmarkten" Arbeitnehmers drastisch sinken. Dies gilt selbstverständlich auch oder vielmehr gerade bei einer nur andeutungsweise erwähnten Krankheit.

Hein Schleßmann ("Das Arbeitszeugnis", Verlag Recht und Wirtschaft) schreibt:
Eine Krankheit darf im Zeugnis grundsätzlich nicht vermerkt werden, es dürfen nicht etwa Fehlzeiten wegen Krankheit zusammengezählt und kenntlich gemacht werden. Die Erwähnung entfällt auch dann, wenn die Krankheit den Kündigungsgrund bildet; denn der Kündigungsgrund wird ohnehin nicht angegeben, und eine Krankheit fällt nicht unter das Begriffspaar "Leistung und Führung". Hinweise auf eine Krankheit würden sie auch "verewigen" und dem Arbeitnehmer sein ganzes Berufsleben anhängen ohne Rücksicht auf mögliche Heilerfolge. Im übrigen bieten das Bundesseuchengesetz und das Arbeitsschutzrecht (z. B. Arbeitsstättenverordnung) in Verbindung mit Offenbarungspflichten bzw. ärztlicher Untersuchung bei der Einstellung die Möglichkeit, dass etwa Krankheiten mit Ansteckungsgefahr festgestellt werden bzw. Vorsorge getroffen werden kann. Krankheitsbedingte Fehlzeiten werden nur dann unter "Dauer des Arbeitsverhältnisses" (ohne Hinweis auf die Krankheit) erwähnt, wenn sie außer Verhältnis zur tatsächlichen Arbeitsleistung stehen, wenn sie also etwa die Hälfte der gesamten Beschäftigungszeit ausmachen.

Bestand das Arbeitsverhältnis z. B. 17 Jahre, und war die Arbeitnehmerin vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses (nur) 1,5 Jahre ununterbrochen arbeitsunfähig krank, so wird dies im Zeugnis nicht erwähnt.

Führt eine Krankheit zu Minderleistungen oder Beanstandungen im Führungsverhalten (z. B. bei Drogen- oder Trunksucht), so wird - ohne Hinweis auf die Krankheit - die entsprechende Beurteilung abgegeben. Wer etwa wegen Trunksucht sehr häufig unentschuldigt der Arbeit fernbleibt, erhält im Zeugnis vermerkt:
"Er gab Anlass zu Beanstandungen ".
Jedoch kann es Ausnahmesituationen geben. Zwar ist das Zeugnis worauf nicht oft genug hingewiesen werden kann - kein Datenträger zur Übermittlung von sonstigen Informationen, die über den gesetzlich vorgeschriebenen Inhalt hinausgehen, aber im Anhalt an den Grundgedanken des übergesetzlichen Notstandes (§ 34 StGB) sind Krankheiten dann zu erwähnen, wenn eine akute Gefährdung Dritter ernsthaft zu befürchten ist. Dies ist bei der Epilepsie möglich, die besonders im technischen Bereich wegen der Unfallgefahr sehr belastend ist und zu empfindlichen Störungen im Betriebsablauf führen kann; es liegt auf der Hand, dass ein Arbeitgeber etwa aus dem Baugewerbe, der seine Arbeitnehmer auf Baustellen und auch auf Gerüsten einsetzt, ein berechtigtes Interesse an Information hat, ob einem solchen Einsatz ein Anfallsleiden entgegensteht. Nicht zu übersehen ist allerdings, dass eine Erwähnung dieser Krankheit im Zeugnis ein weiteres Fortkommen außerordentlich erschwert. In diesem Dilemma geht es, so hart es auch klingen mag, doch mehr um die Belange anderer Arbeitgeber und ihrer Belegschaften als um den Betroffenen in seinem schicksalhaften Zustand. Es lässt sich daher rechtfertigen, in einem qualifizierten Zeugnis eine solche Krankheit, so schonend wie nur möglich, zu erwähnen.


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