Autor Thema: Bedeutung von Formulierungen  (Gelesen 7633 mal)

Sue_Co

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Bedeutung von Formulierungen
« am: Mai 09, 2005, 10:33:46 Vormittag »
Hallo,
in meinem Zeugnis finden sich einige Formulierungen, bei denen ich mir nicht sicher bin, ob diese eventuell negativ sind. Können Sie mir dabei helfen?:

"Wir lernen Frau XX als engagierte und loyale Mitarbeiterin kennen, die ihre Aufgaben stets rechtzeitig erledigte. Sie führte ihre Aufgaben zuverlässig und rationell aus."...

..."Aufgrund ihres freundlichen Wesens und ihrer Bereitschaft zur Zusammenarbeit war sie allgemein beliebt. Ihr persönliches Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen udn Kunden war einwandfrei"

arbeitszeugnis.de

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Bedeutung von Formulierungen
« Antwort #1 am: Mai 09, 2005, 11:46:06 Vormittag »
Es ist generell schwierig, Aussagen zu bewerten, ohne die Stelle bzw. die Aufgaben und die sonstigen wertenden Aussagen zu kennen. Letztlich entscheidet nämlich immer der Gesamteindruck. Und jede Stelle setzt eigene/ andere Leistungen und Fähigkeiten voraus, die auch im Zeugnis bescheinigt werden sollten. Die folgende Einschätzung erfolgt daher nur unter Vorbehalt:

"Wir lernen Frau XX als engagierte und loyale Mitarbeiterin kennen, die ihre Aufgaben stets rechtzeitig erledigte. Sie führte ihre Aufgaben zuverlässig und rationell aus."...
Dies bewertet die Arbeitsweise mit der Note 3. Das Verhaltensattribut "loyal" ist hier eigentlich fehl am Platz, es gehört in den Verhaltensteil (siehe auch die Übersicht über die Zeugnisstruktur unter http://www.arbeitszeugnis.de/images/Zeugnisstruktur.pdf). Formulierungen wie „Wir haben ihn/sie als ... kennengelernt“ (statt "Er/Sie war...) verwendet man heutzutage nicht mehr, sie können als Distanzierung gedeutet werden. Vergleiche auch folgendes Urteil: "Wenn auch die von der Arbeitgeberin gewählte Formulierung "wir haben Frau X. als eine freundliche und zuverlässige Mitarbeiterin kennengelernt" sich nicht abwertend anhört, wird der Arbeitnehmerin damit jedoch gerade nicht bescheinigt, dass sei eine tatsächlich "freundliche und zuverlässige Mitarbeiterin" gewesen ist, denn der Gebrauch des Wortes "kennengelernt" drückt stets das Nichtvorhandensein der im Kontext aufgeführten Fähigkeit oder Eigenschaft aus, wie von Seiten der Germanisten in einer ganzen Reihe von Schriften mit Untersuchungen zur Zeugnissprache eindrucksvoll belegt worden ist. - Urteil des LAG Hamm 27.4.2000 - 4 Sa 1018/99"

..."Aufgrund ihres freundlichen Wesens und ihrer Bereitschaft zur Zusammenarbeit war sie allgemein beliebt. Ihr persönliches Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen udn Kunden war einwandfrei"
Dies bewertet das Verhalten mit der Note 1.

Vermutlich enthält das Zeugnis weitere Aussagen, u.a. zu Fähigkeiten, zur Arbeitsweise (Sorgfalt), zu Arbeitserfolgen (Qualität, Tempo) usw. Auch die Leistungszusammenfassung mit dem Grad der Zufriedenheit darf natürlich nicht fehlen.

Ich empfehle Ihnen eine genauere Prüfung des gesamten Zeugnisses anhand unserer kostenlosen Checkliste (siehe http://www.arbeitszeugnis.de/presse/checkliste.pdf). Weitere Informationen erhalten Sie auch telefonisch über unsere Zeugnishotline unter 030/420 285 24.
Klaus Schiller, arbeitszeugnis.de

Sue_Co

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Arbeitszeugnis vollständig zur besseren Beurteilung
« Antwort #2 am: Mai 09, 2005, 12:35:56 Nachmittag »
Sehr geehrter Herr Schiller,
untenstehend finden Sie zur besseren Beurteilung noch einmal das gesamte Arbeitszeugnis. Wie würden Sie dies beurteilen?
Besten Dank für Ihre Mühe!

Frau XX, geboren am xx, war in der Zeit vom xx bis xx in unserem Unternehmen beschäftigt.

Kurze Beschreibung des Unternehmens

Frau XX arbeitete zunächst als Junior-PR-Beraterinh in der Produktabteilung unserer
PR-Agentur. Seit dem 01. September 2003 war Frau  XX als PR-Beraterin für uns tätig und in dieser Funktion direkter Ansprechpartner für ausgewählte Kunden für zielgerichtete Umsetzung von PR-Konzeptionen in den Medien in Zusammenarbeit mit den PR-Ressorts Presse, Funk und TV verantwortlich.

Ihr Aufgabenbereich umfasste im Wesentlichen folgende Tätigkeiten:
-   Projektleitung für ausgewählte Kunden im Bereich Format-, Produkt- und Event-PR
-   Erstellung von PR-Timings
-   Koordination von Medienkooperationen als Schnittstelle zwischen Kunde und PR-Ressorts
-   Koordination und Organisation von Pressekonferenzen, Medien-Roundtables und Interviewterminen
-   Projektkoordination bei großen TV-Events vor Ort (Vorbereitung und Organisation Pressezentrum, Akkreditierungscounter, Produktionsbüro etc.)
-   Kontinuierliches Updating der Kunden über den aktuellen Stand der PR-Aktivitäten
-   Redigieren von Pressetexten
-   Erstellung und Kontrolle von Fremdkostenabrechnungen
-   Erstellung von abschließenden Projektdokumentationen
-   Auswertung von Publikumszeitschriften sowie der branchenspezifischen Fachpresse


Wir lernen Frau XX als engagierte und loyale Mitarbeiterin kennen, die ihre Aufgaben stets rechtzeitig erledigte. Sie führte ihre Aufgaben zuverlässig und rationell aus. Sie bewies eine gute Auffassungsgabe und Belastbarkeit und arbeitete sehr selbständig. Besonders hervorzuheben ist ihr Planungs- und Organisationsgeschick. Ingesamt hat sie die in ihrem Arbeitsbereich anfallenden Aufgaben stets zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt.

Aufgrund ihres freundlichen Wesens und ihrer Bereitschaft zur Zusammenarbeit war sie allgemein beliebt. Ihr persönliches Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Kunden war einwandfrei.

Frau XX verlässt unser Unternehmen auf eigenen Wunsch. Wir danken ihr für ihre Mitarbeit und wünschen ihr für ihre weitere berufliche und private Zukunft alles Gute und viel Erfolg.

Datum
Unterschrift GF

arbeitszeugnis.de

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Bedeutung von Formulierungen
« Antwort #3 am: Mai 09, 2005, 18:58:12 Nachmittag »
Die von Ihnen zitierten Aussagen beziehen sich auf:

Bereitschaft (Note 3):
Wir lernen Frau XX als engagierte und loyale Mitarbeiterin kennen, die ihre Aufgaben stets rechtzeitig erledigte.

Befähigung (Note 2):
Sie bewies eine gute Auffassungsgabe und Belastbarkeit.
Besonders hervorzuheben ist ihr Planungs- und Organisationsgeschick.
 
Arbeitsweis (Note 3):
Sie führte ihre Aufgaben zuverlässig und rationell aus...und arbeitete sehr selbständig.

Arbeitserfolg (-):
...die ihre Aufgaben stets rechtzeitig erledigte.

Leistungszusammenfassung (Gesamtnote 2):  
Ingesamt hat sie die in ihrem Arbeitsbereich anfallenden Aufgaben stets zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt.

Verhalten (Note 2):
Wir lernen Frau XX als ... loyale Mitarbeiterin kennen
Aufgrund ihres freundlichen Wesens und ihrer Bereitschaft zur Zusammenarbeit war sie allgemein beliebt. Ihr persönliches Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Kunden war einwandfrei.  

Schlussteil (Note 3):
Frau XX verlässt unser Unternehmen auf eigenen Wunsch. Wir danken ihr für ihre Mitarbeit und wünschen ihr für ihre weitere berufliche und private Zukunft alles Gute und viel Erfolg.

Die "rechtzeitige" Erledigung der Aufgaben ist für den Arbeitserfolg eine eher dürftige Bewertung, zumal "rechtzeitig" im Gegensatz zu "termingerecht" ohnehin abwertend klingt. Unerwähnt bleibt der Erfolg der PR-Arbeit.

Der Schlussteil dankt lediglich für die "Mitarbeit" und wünscht zudem zukünftig "viel Erfolg" statt "weiterhin (!) viel Erfolg", was den Eindruck eines bisher ausgebliebenen Erfolgs unterstreicht. Auch auf die Führungsleistung (Projektleitung), die Kreativität und die fachliche Kompetenz wird nicht eingegangen.  Das sehr unvorteilhafte Adverb "insgesamt" wird in der Zeugnissprache generell nur im Sinne von "im Großen und Ganzen, nicht aber im Detail" verstanden und verweist auf eine eigentlich mangelhafte Leistung. Auch wenn es im vorliegenden Zeugnis evtl. im Sinne von "die Leistung zusammenfassend" gemeint ist, sollte eine negative Deutung unbedingt vermieden werden.
Das Zeugnis könnte also für eine glaubwürdige Gesamtnote 2 deutlich vorteilhafter und auch ausführlicher formuliert sein.
Klaus Schiller, arbeitszeugnis.de  

gast

  • Gast
Bedeutung von Formulierungen
« Antwort #4 am: Januar 13, 2006, 11:46:31 Vormittag »
Zitat von: "arbeitszeugnis.de"
Es ist generell schwierig, Aussagen zu bewerten, ohne die Stelle bzw. die Aufgaben und die sonstigen wertenden Aussagen zu kennen. Letztlich entscheidet nämlich immer der Gesamteindruck. Und jede Stelle setzt eigene/ andere Leistungen und Fähigkeiten voraus, die auch im Zeugnis bescheinigt werden sollten. Die folgende Einschätzung erfolgt daher nur unter Vorbehalt:

"Wir lernen Frau XX als engagierte und loyale Mitarbeiterin kennen, die ihre Aufgaben stets rechtzeitig erledigte. Sie führte ihre Aufgaben zuverlässig und rationell aus."...
Dies bewertet die Arbeitsweise mit der Note 3. Das Verhaltensattribut "loyal" ist hier eigentlich fehl am Platz, es gehört in den Verhaltensteil (siehe auch die Übersicht über die Zeugnisstruktur unter http://www.arbeitszeugnis.de/images/Zeugnisstruktur.pdf). Formulierungen wie „Wir haben ihn/sie als ... kennengelernt“ (statt "Er/Sie war...) verwendet man heutzutage nicht mehr, sie können als Distanzierung gedeutet werden. Vergleiche auch folgendes Urteil: "Wenn auch die von der Arbeitgeberin gewählte Formulierung "wir haben Frau X. als eine freundliche und zuverlässige Mitarbeiterin kennengelernt" sich nicht abwertend anhört, wird der Arbeitnehmerin damit jedoch gerade nicht bescheinigt, dass sei eine tatsächlich "freundliche und zuverlässige Mitarbeiterin" gewesen ist, denn der Gebrauch des Wortes "kennengelernt" drückt stets das Nichtvorhandensein der im Kontext aufgeführten Fähigkeit oder Eigenschaft aus, wie von Seiten der Germanisten in einer ganzen Reihe von Schriften mit Untersuchungen zur Zeugnissprache eindrucksvoll belegt worden ist. - Urteil des LAG Hamm 27.4.2000 - 4 Sa 1018/99"

..."Aufgrund ihres freundlichen Wesens und ihrer Bereitschaft zur Zusammenarbeit war sie allgemein beliebt. Ihr persönliches Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen udn Kunden war einwandfrei"
Dies bewertet das Verhalten mit der Note 1.

Vermutlich enthält das Zeugnis weitere Aussagen, u.a. zu Fähigkeiten, zur Arbeitsweise (Sorgfalt), zu Arbeitserfolgen (Qualität, Tempo) usw. Auch die Leistungszusammenfassung mit dem Grad der Zufriedenheit darf natürlich nicht fehlen.

Ich empfehle Ihnen eine genauere Prüfung des gesamten Zeugnisses anhand unserer kostenlosen Checkliste (siehe http://www.arbeitszeugnis.de/presse/checkliste.pdf). Weitere Informationen erhalten Sie auch telefonisch über unsere Zeugnishotline unter 030/420 285 24.
Klaus Schiller, arbeitszeugnis.de


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