Autor Thema: Bitte um Prüfung  (Gelesen 5773 mal)

Gerd

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Bitte um Prüfung
« am: September 21, 2005, 11:44:00 Vormittag »
Folgenden Entwurf eines Arbeitszeugnis habe ich vom Arbeitgeber nach meiner Kündigung erhalten:

Herr XXX, geb. am XXX (kein Geburtsort), war vom XXX bis XXX in unserem Unternehmen als Mitarbeiter in der Abteilung XXX beschäftigt.

Im Rahmen dieser Tätigkeit nahm er folgende Aufgaben wahr:

 ●  Durchführung vom Compliance-Prüfungen    

 ●   Vergleichende Prüfung und Bewertung  von pharmazeutisch-technischer Zulassungsunterlagen mit:

          º  Herstellungsdokumentation (Herstellungs- und   Konfektionierungsprotokolle, IPC- Prüfungen)

          º  Qualitätskontrolldokumentation (Gehalt, chemische Reinheit, In-vitro-Wirkstofffreisetzung

          º   Pharmakopoe-Vorschriften

          º   Wirkstoffdokumentation (European Drug Master Files, Certificates of Suitability)

 ●  Mitarbeit bei der Erstellung von Modulsegmenten für das pharmazeutisch-technische Zulassungsmodul 3

 ●  Vergleichende Prüfung und von EG-Sicherheitsdatenblättern, bei Bedarf
     Initiierung der Neuanforderung

 ●  Erstellung von Arbeits- / Gefahrstoffmitteilungsblättern und
     Gefahrstoffbetriebsanweisungen

 ●  Mitarbeit bei der Umstellung des datenbankgestützten Gefahrstoffkatasters von Lotus Approach auf MS Access, Prüfung und Aktualisierung der Stammdaten                                            
                                                     
Herr XXX  führte die ihm gestellten Aufgaben stets zu unserer vollen Zufriedenheit aus. Er zeigte jederzeit große Einsatzfreude und zeichnete sich durch eine gute Auffassungsgabe, Fleiß und Belastbarkeit aus.

Sein Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Mitarbeitern war stets einwandfrei.


Herr XXX scheidet am XXX auf eigenen Wunsch  aus unserem Unternehmen aus. Wir danken ihm für die geleistete Arbeit und wünschen ihm für seine private und berufliche Zukunft alles Gute.


XXX, den XXX


Unternehmen



Unterschrift Personalleitung               Unterschrift des Vorgesetzten



Was habe ich davon zu halten ? Was ist das für eine Note, und was ist von den fachlichen und außerfachlichen teilen zu halten ?

Vielen Dank schon mal !

Gerd

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Bitte um Prüfung
« Antwort #1 am: September 21, 2005, 16:06:51 Nachmittag »
Vielleicht noch ein paar konkrete Anmerkungen, die ich zu machen hätte:

1. Bei der Nennung meines Namens im ersten Satz fehlt der akademische Grad

2. Geburtsort wird im ersten Satz nicht genannt

3. Zur Bewertung des fachlichen Teils des Zeugnisses kann ich gar nichts sagen. Ist das so ok?

4. Stets volle Zufriedenheit: welcher Note entspricht das ?

5. Einsatzfreude, gute Auffassungsgabe, Fleiß, Belastbarkeit: ist das positiv zu sehen ?

6. Ich scheide aus eigenem Wunsch aus. Mir wird zwar gedankt und alles Gute gewünscht, aber das Bedauern des Ausscheidens fehlt. Macht das diese Formulierung negativ?

Klaus Schiller

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Bitte um Prüfung
« Antwort #2 am: September 21, 2005, 18:07:43 Nachmittag »
Vielleicht noch ein paar konkrete Anmerkungen, die ich zu machen hätte:

1. Bei der Nennung meines Namens im ersten Satz fehlt der akademische Grad

Zitat: Der akademische Titel ist bei der ersten Nennung dem Namen des Beurteilten in korrekter, ausgeschriebener Form zuzufügen („Diplom-Ingenieur“) – Urteil des LAG Hamm vom 01.12.1994.

2. Geburtsort wird im ersten Satz nicht genannt
Er muss nicht genannt werden.

3. Zur Bewertung des fachlichen Teils des Zeugnisses kann ich gar nichts sagen. Ist das so ok?
Die sogenannte Leistungszusammenfassung verweist auf die Gesamtnote 2 ("gut"). Aber die Einzelwertung besteht nur aus einem einzigen Satz ("Er zeigte jederzeit große Einsatzfreude und zeichnete sich durch eine gute Auffassungsgabe, Fleiß und Belastbarkeit aus"). Das wäre selbst bei einem nur wenige Monate dauernden Aushilfs-Arbeitsverhältnis viel zu knapp. Die Fähigkeiten müssen detaililierter und fachspezifisch bewertet werden, gänzlich unerwähnt bleiben das Wissen, die Arbeitsweise und vor allem auch der Erfolg. Dies muss als "beredtes Schweigen" gedeutet werden (=diese Leistungen wurden nicht erbracht).

4. Stets volle Zufriedenheit: welcher Note entspricht das ?
Note 2

5. Einsatzfreude, gute Auffassungsgabe, Fleiß, Belastbarkeit: ist das positiv zu sehen ?
Für sich betrachtet ja, aber ein Zeugnis muss deutlich mehr aussagen.

6. Ich scheide aus eigenem Wunsch aus. Mir wird zwar gedankt und alles Gute gewünscht, aber das Bedauern des Ausscheidens fehlt. Macht das diese Formulierung negativ?
Der Dank erfolgt nur "für die geleistete Arbeit", das allein ist sehr schwach formuliert. Ein Fehlen des Bedauerns in einem derart knappen Zeugnis muss zusätzlich zu Ihren Ungunsten gedeutet werden.

Einen Überblick über die Struktur eines vollständigen Zeugnisses finden Sie hier: http://www.arbeitszeugnis.de/images/Zeugnisstruktur.pdf.

Wenn Sie das Zeugnis von Experten aufwerten lassen möchten, um beim Arbeitgeber direkt diese unterschriftsreife, verbesserte Zeugnisfassung als Formulierungsvorschlag einzureichen, finden Sie hier schnelle und günstige Hilfe: http://www.arbeitszeugnis.de/ueberarbeitung2.php
   
Weitere Informationen finden Sie auch im Artikel "Wie können Sie sich gegen ein ungerechtes Arbeitszeugnis wehren?" unter http://www.arbeitszeugnis.de/rechtsberatung.php
Klaus Schiller, arbeitszeugnis.de
Personalmanagement Service GmbH
schiller@arbeitszeugnis.de

- Alle Angaben ohne Gewähr -

Gerd

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Bitte um Prüfung
« Antwort #3 am: September 21, 2005, 18:43:10 Nachmittag »
Lieber Herr Schiller !

Haben sie vielen Dank für diese Analyse. Ich weiß Ihr Engagement sehr zu schätzen. So etwas gibt es heute leider ziemlich selten, und es ist alles andere als selbstverständlich.

Herzliche Grüße

Gerd

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Bitte um Prüfung
« Antwort #4 am: Oktober 18, 2005, 11:02:52 Vormittag »
Mittlerweile habe ich den o.a. Zeugnisentwurf überarbeiten lassen. Die überarbeitete Fassung habe ich meinem ehemaligen Arbeitgeber geschickt. Der Arbeitggeber hat diese Fassung wiederum gekürzt und etwas schlechter gemacht. Diese Fassung hat er mir zukommen lassen.
Was ist davon zu halten:

Herr XXX, geb. am XXX, war vom XXX bis XXX in unserem Unternehmen als Mitarbeiter in der Abteilung XXX tätig.

Das Tätigkeitsfeld von Herrn XXX umfasste im Einzelnen:

● Durchführung vom Compliance-Prüfungen
 
Dies umfasst die Vergleichende Prüfung und Bewertung von pharmazeutisch-technischen Zulassungsunterlagen mit Herstellungsdokumentation (Herstellungs- und Konfektionierungsprotokolle, IPC-Prüfungen), Qualitätskontrolldokumentation (Gehalt, chemische Reinheit, In-vitro-Wirkstofffreisetzung), Pharmakopoe-Vorschriften, Wirkstoffdokumentation (European Drug Master Files, Certificates of Suitability)

● Mitarbeit bei der Erstellung von Modulsegmenten für das pharmazeutisch-technische Zulassungsmodul 3

● Vergleichende Prüfung und von EG-Sicherheitsdatenblättern, bei Bedarf
Initiierung der Neuanforderung

● Erstellung von Arbeits- / Gefahrstoffmitteilungsblättern und
Gefahrstoffbetriebsanweisungen

● Mitarbeit bei der Umstellung des datenbankgestützten Gefahrstoffkatasters von Lotus Approach auf MS Access sowiePrüfung und Aktualisierung der Stammdaten

Herr XXX zeigte stets ein hohes Maß an persönlichem Engagement und Einsatzbereitschaft, auch über die übliche Arbeitszeit hinaus.

Aufgrund seiner raschen Auffassungsgabe arbeitete er sich schnell in seine Aufgaben ein. Herr XXX war ausdauernd und belastbar.

Herr XXX besitzt durch sein Studium ein umfassendes und detailliertes Fachwissen im Bereich XXX, das er erfolgreich in seine Arbeit umsetzte.

Mit der hier gebräuchlichen Software XXX, XXX und XXX kann er routiniert umgehen.

Herr XXX hat seine Aufgaben methodisch und gewissenhaft erledigt.

Auch unter Belastung erzielte er qualitativ hochwertige Arbeitsergebnisse.

Er hat seine Aufgaben stets zu unserer vollsten Zufriedenheit erfüllt.

Sein Verhalten gegebüber Vorgesetzten und Mitarbeitern war teamorientiert, kooperativ und loyal.

Herr XXX verlässt unser Unternehmen auf eigenen Wunsch zum heutigen Tage. Wir bedauern sein Ausscheiden, da wir mit ihm einen wertvollen Mitarbeiter verlieren, und danken ihm für für die geleistete Arbeit und die angenehme Zusammenarbeit.

Für seinen weiteren Berufs- und Lebensweg wünschen wir ihm alles Gute und weiterhin viel Erfolg.

Meine Fragen:

1. Was ist davon insgesamt zu halten ? (über oder unter Durchschnitt ?)

2. Die Sätze "Herr XXX war ausdauernd und belastbar" und "Herr XXX besitzt durch sein Studium detailliertes Fachwissen..." kommen mir negativ vor. Sehe ich das richtig ?

3. "Mit der gebräuchlichen Software ... kann er routiniert umgehen"...ist das nicht negativ ?

4. "...danken für die geleistete Arbeit und die angenehme Zusammenarbeit"....das hört sich für mich doch sehr "blöd" an, oder ?

5. Ist die Abschlussformel insgesamt gut ?

6. Rang und Kompetenz der Verfasser des Zeugnisses wurde nicht genannt. Ist dies zu beanstanden ?


Vielen Dank im voraus schon mal und beste Grüße !

Klaus Schiller

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Bitte um Prüfung
« Antwort #5 am: Oktober 18, 2005, 18:42:33 Nachmittag »
Meine Fragen:
1. Was ist davon insgesamt zu halten ? (über oder unter Durchschnitt ?)

Die Aussage "Er hat seine Aufgaben stets zu unserer vollsten Zufriedenheit erfüllt" verweist auf die Gesamtnote "sehr gut", die Einzelwertungen sind z.T. aber eher gut bis befriedigend ("Mit der Software XXX, ... kann er routiniert umgehen", "hat seine Aufgaben methodisch und gewissenhaft erledigt"...) und sehr pauschal, also nicht auf die Anforderungen der Stelle abgestimmt. Dies gilt vor allem für die Bewertung der Fähigkeiten und der Erfolge ("qualitativ hochwertige Arbeitsergebnisse").

2. Die Sätze "Herr XXX war ausdauernd und belastbar" und "Herr XXX besitzt durch sein Studium detailliertes Fachwissen..." kommen mir negativ vor. Sehe ich das richtig ?
Nein, das sind Standard-Textbausteine.  

3. "Mit der gebräuchlichen Software ... kann er routiniert umgehen"...ist das nicht negativ ?
s.o.; vor allem wenn die  Beherrschung dieser Software ein wichtiger Qualifikationsaspekt ist, muss die Aussage in einem (sehr) guten Zeugnis stärker formuliert werden.

4. "...danken für die geleistete Arbeit und die angenehme Zusammenarbeit"....das hört sich für mich doch sehr "blöd" an, oder ?

Die Aussage "...geleistete Arbeit " ist ebenfalls schwach formuliert, besser: "für die ausgezeichneten Leistungen..."

5. Ist die Abschlussformel insgesamt gut ?
Abgesehen von der "geleisteten Arbeit" gibt es hier keine Auffälligkeiten.

6. Rang und Kompetenz der Verfasser des Zeugnisses wurde nicht genannt. Ist dies zu beanstanden ?
Der Rang der Unterzeichner gilt auch als Gradmesser für die Wertschätzung. Daher ist es generell von Interesse, dass erkennbar ist, wer ein Zeugnis unterschrieben hat.


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