Autor Thema: Ist das Praktikumszeugnis gut?  (Gelesen 11425 mal)

Bob

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Ist das Praktikumszeugnis gut?
« am: April 06, 2006, 13:24:44 Nachmittag »
Ich würde gerne euren Eindruck von meinem Praktikumszeugnis bei einer Werbefilmproduktion hören. Ist es wirklich gut?



Herr P.S., geboren am ...., war in der Zeit vom 02.03... bis zum 30.10... als Praktikant bei uns beschäftigt.

Zu seinen Aufgaben gehörte unter anderem die Herstellung von Sendekopien, der Schnitt an analogen und computergestützten Systeme unserer MAZ-Technik und auch grafische Arbeiten am Mac mit den Programmen Photoshop, Premiere und After Effects.

Zur Bewältigung dieser Arbeiten waren detaillierte Kenntnisse der bei uns verwendeten Geräten wie digitaler und analoger Bildmischer, Schnittsysteme, Titelkamera, Schriftgenerator, Tonmischpult, Kreuzschienen, Harddiskrecorder, digitale und analoge Betacam-Recorder, D1, DAT und der gängigen semiprofessionellen Geräte sowie der Mac-Computer notwendig.

Die oft kurzen Termine und der bei uns übliche hohe Qualitätsstandard erfordern viel Felixibilität, Sorgfalt und Verantwortungsbewusstsein. Herr S. bewältigte alle ihm übertragenen Aufgaben zuverlässig, korrekt und schnell. Mit seinen Leistungen waren wir immer sehr zufrieden. Sein Teamgeist, seine schnelle Auffassungsgabe und seine Hilfsbereitschaft machten ihn bei Vorgesetzten und Kollegen gleichermaßen beliebt.

Für seine geleistete Arbeit bedanken wir uns und wünschen ihm für die Zukunft alles Gute, viel Glück und Erfolg.

Herr S. verlässt uns, da sein Praktikum bei uns endet. Wir wünschen ihm alles Gute und weiterhin viel Erfolg.

Klaus Schiller

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Ist das Praktikumszeugnis gut?
« Antwort #1 am: April 06, 2006, 19:39:34 Nachmittag »
In der zu positiver Ausdrucksweise verpflichteten Zeugnissprache sind Aussage wie z.B. "waren detaillierte Kenntnisse ... notwendig" oder "Die oft kurzen Termine erfordern viel Felixibilität..." in der Regel Umschreibungen für nicht erbrachte Leistungen (siehe auch "Einführung in die Zeugnisproblematik" unter www.arbeitszeugnis.de). In einem guten Zeugnis werden nicht etwa die Anforderungen der Stelle aufgelistet, sondern die tatsächlich erbrachten Leistungen eines Beurteilten.
Möglicherweise war dies vom Aussteller nicht beabsichtigt, aber die im Zeugnis vergebene Gesamtnote sehr gut ("Mit seinen Leistungen waren wir immer sehr zufrieden") wirkt nicht glaubwürdig.

Unsinnig ist der doppelte Schlussteil, sofern er in dieser Form im Zeugnis enthalten ist: "wir wünschen ihm für die Zukunft alles Gute, viel Glück und Erfolg", "Wir wünschen ihm alles Gute und weiterhin viel Erfolg".
Klaus Schiller, arbeitszeugnis.de
Personalmanagement Service GmbH
schiller@arbeitszeugnis.de

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Bob

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Ist das Praktikumszeugnis gut?
« Antwort #2 am: April 07, 2006, 17:21:57 Nachmittag »
Sind das jetzt unprofessionelle Formulierungen oder unterschwellige schlechte Bewertungen?

Was meinst du mit unglaubwürdig? Darf ein Zeugnis überhaupt nach außen erkenntlich gut sein, jedoch nach professioneller Sicht wieder schlecht?

Es kann ja war wohl kaum vom Zeugniserstheller nicht ernst gemeint sein, wenn ich alle Kenntnisse an den aufgezählten Geräten nicht kannte. Der doppelte Schluss steht da wirklich so drin.

Ich krieg jetzt so ein leicht mulmiges Gefühl, kann man sich überhaupt mit so einem Zeugnis bewerben?

Klaus Schiller

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Ist das Praktikumszeugnis gut?
« Antwort #3 am: April 07, 2006, 21:35:50 Nachmittag »
Das vom Arbeitgeber durch die Gesetzgebung verlangte Wohlwollen bei der Zeugnisschreibung hat dazu geführt, dass sich bei der Bewertung mangelhafter Leistungen verschiedene Verschlüsselungstechniken etabliert haben. Hierzu zählt auch die "Ausweichtechnik". Werden nicht die Leistungen betont, sondern die Anforderungen, wird dies als Umschreibung für nicht erbrachte Leistungen gedeutet. Dies passt in Ihrem Zeugnis nicht zur sehr guten Gesamtnote, daher ist nicht auszuschließen, dass der Aussteller sich einfach nur sehr unglücklich ausgedrückt hat und der Ansicht war, durch die anschließende Aussage "Herr S. bewältigte alle ihm übertragenen Aufgaben zuverlässig, korrekt und schnell" würden diese Anforderungen indirekt bescheinigt. Dies ist aber nicht der Fall.

gast

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Ist das Praktikumszeugnis gut?
« Antwort #4 am: April 08, 2006, 12:33:56 Nachmittag »
Vielen lieben Dank. Das Zeugnis wurde vor einem Jahr erstellt, also hätte ich ja noch das Recht auf Korrektur.

Ich muss nächste Woche mich aber für einen wichtigen Job bewerben. Sollte ich das Zeugnis vorzeigen oder dann doch lieber weglassen?

Klaus Schiller

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Ist das Praktikumszeugnis gut?
« Antwort #5 am: April 10, 2006, 12:42:41 Nachmittag »
Das Bundesarbeitsgericht hat einen Erfüllungsanspruch auf Berichtigung eines Zeugnisses nach zehnmonatigem Warten verneint, zumal der Arbeitgeber bzw. Zeugnisaussteller über den ganzen Zeitraum hin erreichbar war. Es ist also nicht selbstverständlich, dass der Arbeitgeber bereit ist, sich jetzt noch mit Ihren Änderungswünschen zu befassen.


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