Autor Thema: Taktisches Vorgehen bei Arbeitsplatzwechsel  (Gelesen 6457 mal)

Gustav

  • Gast
Taktisches Vorgehen bei Arbeitsplatzwechsel
« am: April 17, 2008, 22:16:59 Nachmittag »
Ich bin derzeit fest entschlossen, nach knapp 2 Jahren meinen Arbeitsplatz zu wechseln, da ich im Vergleich zu direkt vergleichbaren Stellen extrem unterbezahlt und extrem überbelastet bin (das Betriebsklima und das räumliche Umfeld sind sonst sehr angenehm) und mir signalisiert wurde, dass sich daran wohl nichts ändern wird.

Da in meinem beruflichen Umfeld (öffentlicher Dienst) auf das Arbeitszeugnis extrem großen Wert gelegt wird, bräuchte ich nun dringend ein solches von meinem jetzigen Arbeitgeber. Mein Chef hat mir aber klar gemacht, dass mein Weggang aus organisatorischen Gründen derzeit nicht gewünscht sei (erst in 1,5 Jahren, dieser Zeitpunkt ist aber für mich sehr ungünstig, da zu diesem Termin aufgrund der Ausbildungsumstellung eine extreme Bewerberschwemme herrschen wird.) Deshalb hat er versteckt angedeutet, dass ein ausgestelltes Zeugnis zwar formell richtig, doch inhaltlich -unberechtigt- so grauenhaft ausfallen werde, dass ich wohl an anderen Stellen keine Chance auf Einstellung hätte.
Da ich bei uns im Hause in den Personalbereich einen gewissen Einblick habe, weiss ich, wie schwierig es ist, gegen inhaltlich ungerechtfertigte Zeugnisse (Beweispflicht beim Arbeitnehmer) vorzugehen.

War jemand schon mal in einer ähnlichen Situation und weiss, wie man sich hier am besten wehrt, ohne den Schaden für sich selbst noch größer zu machen? Mir fällt nur Einschränken des persönlichen Engagements ("Dienst nach Vorschrift") ein, dies ist aber nicht besonders diplomatisch.

Sonido

  • Gast
Re: Taktisches Vorgehen bei Arbeitsplatzwechsel
« Antwort #1 am: April 17, 2008, 22:48:31 Nachmittag »
Zeugen für die Drohung des Chefs hast du wohl nicht? Grenzt ja an Erpressung.
Wenn du ein gutes Zwischenzeugnis bekommen kannst, kann dir eigentlich nichts mehr passieren. Das Abschlusszeugnis darf vom Zwischenzeugnis nicht ohne Weiteres abweichen. D.h. ein Arbeitgeber kann nicht erst ein gutes Zwischenzeugnis ausstellen und dann zwei Wochen später ein schlechtes Abschlusszeugnis. Die Frage ist nun, wie kommst du an ein Zwischenzeugnis, ohne dass der Chef wittert, dass das der erste Schritt zum Wechsel ist und das angedrohte schlechte Zeugnisses damit unmöglich wird? Ein Abteilungs- oder Vorgesetztenwechsel ist immer ein guter Anlass. Manchmal braucht man ein Zwischenzeugnis auch für verwaltungsrechtliche Vorgänge. Sinnvoll ist es auf jeden Fall, das Zwischenzeugnis selbst zu erstellen und dann im geeigneten Moment aus der Schublade zu ziehen. Eine Unterschrift ist vom Chef sicher schneller zu bekommen als ein gut ausformuliertes ganzes Zwischenzeugnis.   

Was die Beweislast angeht ... (ich zitiere von hier: http://www.dieter-hamann.net/index.php?page=Beweislast+bei+Unzufriedenheit+mit+dem+Arbeitszeugnis):
Hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer insgesamt eine 'durchschnittliche' Leistung bescheinigt, hat der Arbeitnehmer die Tatsachen vorzutragen und zu beweisen, aus denen sich eine bessere Beurteilung ergeben soll. Hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer als 'unterdurchschnittlich' beurteilt, obliegt dem Arbeitgeber, die seiner Beurteilung zugrunde liegenden Tatsachen darzulegen und zu beweisen." (BAG-Urt. – 9 AZR 12/03)

Wenn du mit einem Dreierzeugnis zufrieden wärst und der Arbeitgeber dir keine schlechteren Leistungen nachweisen kann, ist ein 3er Abschlusszeugnis
auch eine Option.

Gustav

  • Gast
Re: Taktisches Vorgehen bei Arbeitsplatzwechsel
« Antwort #2 am: April 17, 2008, 23:02:34 Nachmittag »
Ja, ich fühle mich auch ziemlich erpresst. So angenehm das Arbeiten auch sonst mit meinem Chef ist, wenn er sich nicht durchsetzen kann, wird er hinterhältig und hat auch die Skrupel und die Schläue (natürlich keine Zeugen), diese Gemeinheiten durchzudrücken.

Leistungsbeurteilungen habe ich bislang nur in mündlicher Form ("Offizielle" Beurteilungsgespräche, aber ohne Niederschrift oder kurze informelle Rückmeldungen) bekommen. Das mit dem unverdächtig-nach-einem-Zwischenzeugnis-fragen kann ich ohnehin vergessen, da ihm durch persönliche Seilschaften bereits zugetragen wurde, dass ich bei einer freien Stelle, die sich immerhin 150km weit weg befindet, "angeklopft" habe und er seitdem über meine Absichten nicht nur durch Gerüchte, sondern auch durch Tatsachen informiert ist.

Naja, ein 3er-Tätigkeitszeugnis ist  hinaus in der "Schreibtischverwaltung" des öffentlichen Diensts so etwas wie der ultimative Todesstoss. Das mit der Beweislastumkehr bei unterdurchschnittlicher Leistung war mir aber nicht bekannt, danke für diesen Tipp und auch danke für deine Ratschläge allgemein.

Sprossel78

  • Gast
Re: Taktisches Vorgehen bei Arbeitsplatzwechsel
« Antwort #3 am: April 17, 2008, 23:10:09 Nachmittag »
Na dann bleibt noch die Methode "zu-viele-Krimis-gesehen". Kamera zwischen den Aktendeckeln verstecken und wenn der Chef mal wieder ins Büro kommt, über die Wechselabsichten und die Drohung sprechen und das Ganze aufzeichnen. Und dann den Wechsel durchziehen und zur Not, nur zur Not, dem Chef das ganze vorspielen und ihm ebenfalls drohen. Kann natürlich auch voll in die Hose gehen.


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