Autor Thema: Formulierung im Arbeitszeugnis  (Gelesen 5557 mal)

hope17

  • Gast
Formulierung im Arbeitszeugnis
« am: Dezember 27, 2008, 12:13:43 Nachmittag »
Hallo zusammen,

nach sechs Jahren habe ich als Vertriebsassistent zum Jahresende gekündigt. Mein Chef wollte mir ein sehr gutes Zeugnis ausstellen, aber über eine Formulierung bin ich etwas gestolpert. Vielleicht könntet ihr mir sagen, ob ich diese so stehen lassen kann oder ob sie besser umformuliert werden sollte:

"erledigt die ihm übertragenen Aufgaben sehr gewissenhaft und mit großem Eifer. Wir haben ihn als einen ausdauernden und gut belastbaren Mitarbeiter kennen gelernt, der auch unter Termindruck seine Aufgaben stets zu unserer vollsten Zufriedenheit bewältigt."
Mir geht es vor allem um den "großen Eifer".

Außerdem wäre da noch der Satz "Er zeigt Selbstvertrauen, Bestimmtheit in seinem Auftreten und hervorragende Umgangsformen."

Und ist der Satz "Es wird schwer werden, die Lücke, die er hinterlässt, zu füllen." in einem Zeugnis in Ordnung?

Würde mich um eine Bewertung eurerseits freuen. Vielen Dank schon vorab!!!

Kalli66

  • Gast
Re: Formulierung im Arbeitszeugnis
« Antwort #1 am: Dezember 27, 2008, 19:06:00 Nachmittag »
"Eifer" ist ein etwas antiquierter Ausdruck, bei einer Vertriebstätigkeit eignen sich eher dynamische Begriffe wie Engagement, Einsatzbereitschaft usw. Der Ausdruck "Wir haben ihn als ... Mitarbeiter kennen gelernt" wurde vom Arbeitsgericht Hamm 1999 als sehr missverständlich eingestuft und wird daher seitdem eigentlich nicht mehr verwendet.   Das Urteil findest du in der Urteilsdatenbank von arbeitszeugnis.de unter "Formulierungen.

Bei "Selbstvertrauen" ist es ähnlich. Der Satz ist wohl abgeleitet von den - meiner Ansicht nach - sehr unglücklichen Bausteinen, die Focus Online bereitstellt und die ich auch nur von da kenne: "Wir bescheinigen ihm gern, dass er äußerst sicher und bestimmt in seinem Auftreten war und hervorragende Umgangsformen hatte. Er zeigte ein gesundes Selbstvertrauen."

Bei allen anderen Zeugnisfachbuch-Autoren gibt es den Ausdruck "Selbstvertrauen" nur in negativem Kontext, Note 5:
"Er besaß ein gesundes Selbstvertrauen und war allem Neuen gegenüber sehr aufgeschlossen" oder "Er verfügte über Fachwissen und ein gesundes Selbstvertrauen" (= Er überspielt ein geringes Fachwissen mit einer großen Klappe).

Der bildhafte Satz "Es wird schwer werden, die Lücke, die er hinterlässt, zu füllen" klingt etwas ironisch. Niemand ist unersetzlich, das gilt auch für einen Vertriebsassistenten. Ist eigentlich nicht üblich, dass Arbeitgeber in einem Zeugnis einem Mitarbeiter derart hinterhertrauern, der das Unternehmen unbedingt verlassen wollte.

hope17

  • Gast
Re: Formulierung im Arbeitszeugnis
« Antwort #2 am: Januar 03, 2009, 12:45:43 Nachmittag »
Hallo Kalli66 und vielen Dank!!!

Ich habe mein Zeugnis nun umformuliert und werde es meinem alten Chef zuschicken... Nur ein wenig Unterstützung bräuchte ich nochmal:

Den von dir beanstandeten Satz "haben kennen gelernt" habe ich nun auch als negativ gefunden - aber keine positive Formulierung dazu. Könntest du mir eine nennen? Momentan sieht der Absatz noch so aus: "erledigt die ihm übertragenen Aufgaben sehr gewissenhaft und mit großem Engagement. Wir haben ihn als ausdauernden und gut belastbaren Mitarbeiter kennen gelernt, der auch unter Termindruck seine Aufgaben stets zu unserer vollsten Zufriedenheit bewältigt."

Okay, also "Selbstvertrauen" raus :-) Gäbe es für den Satz den eine positive Formulierung oder soll er komplett raus? "Er zeigt Selbstvertrauen, Bestimmtheit in seinem Auftreten und hervorragende Umgangsformen."


Mein Zeugnis würde nun so enden:
"Das Verhalten von xxx gegenüber Vorgesetzten, Kunden und Mitarbeitern ist stets loyal, korrekt und hilfsbereit. Sein freundliches Wesen bringt ihm Anerkennung und große Wertschätzung.

Wir bedauern es außerordentlich, dass uns xxx auf eigenen Wunsch verlässt, um sich neuen Aufgaben zu stellen und danken ihm für seine sehr guten Leistungen.

Für seine berufliche und private Zukunft wünschen wir ihm alles Gute und weiterhin viel Erfolg."


Nochmal vielen Dank für die Mühe und Mithilfe!!!!!!!!

P.S.: Im Einleitungsabsatz (mit Namen, Gebortsdatum, -ort und Beschäftigungsdauer) wird noch erwähnt "war nach dem Abschluss seiner Berufsausbildung in unserem Haus vom...". Zur Erklärung: ich habe dort auch gelernt. Kann diese Erwähnung drin bleiben oder sollte sie raus?

Demel

  • Gast
Re: Formulierung im Arbeitszeugnis
« Antwort #3 am: Januar 03, 2009, 15:40:52 Nachmittag »
Zitat
Den von dir beanstandeten Satz "haben kennen gelernt" habe ich nun auch als negativ gefunden - aber keine positive Formulierung dazu. Könntest du mir eine nennen?
Das ist ja nur eine Floskel. Stattdessen kann man ja auch schreiben "Er war...".

Zitat
Gäbe es für den Satz den eine positive Formulierung oder soll er komplett raus?
Für Vertriebsaufgaben gibt es eine  Vielzahl von denkbaren Verhaltensaussagen, z.B. bezügl. gewinnendes Auftreten, Überzeugungsvermögen, Verhandlungsgeschick usw. Das hängt immer auch von den genannten Aufgaben ab.

Auf keinen Fall würde ich schreiben "ist stets loyal, korrekt und hilfsbereit", das wäre nur Note 4. Denn sich "korrekt" zu verhalten ist das Allermindeste.  Den Satz "Sein freundliches Wesen bringt ihm Anerkennung und große Wertschätzung" finde ich im Vertrieb auch sehr unglücklich, viel wichtiger wäre Wertschätzung aufgrund von Kompetenz und Überzeugungsvermögen.

Das Buch "Arbeitszeugnisse in Textbausteinen" von Prof Weuster beinhaltet tausende von berufsspezifischen Aussagen, das ist sicher eine hilfreiche Unterstützung. Alternativ gibt es bei Dienstleistern wie arbeitszeugnis.de auch einen "Überarbeitungsservice", wo man ein Zeugnis nach eigenen Vorgaben verbessern lassen kann.


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