Autor Thema: Nachfrage wegen Formulierung  (Gelesen 6984 mal)

M.K.

  • Gast
Nachfrage wegen Formulierung
« am: Februar 09, 2008, 12:28:27 Nachmittag »
Hallo,

ich habe heute mein qualifiziertes Arbeitszeugnis bekommen.

Alles was darin geschrieben steht ist in soweit in Ordnung, allerdings gibt es eine Äußerung bei der ich unschlüssig bin.

Vielleicht kann mir jemand helfen, ob diese Äußerung positiv ist oder was sie bedeuten könnte.

"Er überblickte schwierige Zusammenhänge im Wesentlichen und zeigte schnell richtige Lösungen auf."

Das klingt etwas seltsam.

Vielleicht kann mir jemand helfen, ich würde mich darüber sehr freuen.

MfG

M.K.

Mike

  • Gast
Re: Nachfrage wegen Formulierung
« Antwort #1 am: Februar 10, 2008, 02:42:41 Vormittag »
Manchmal steckt die Tücke im Detail. In der Zeugnissprache kann das Adjektiv "wesentlich" zwei Bedeutungen haben. Zum Einen kann damit "das Wichtige" gemeint sein, das man z.B. klar von Unwichtigem getrennt hat, im Sinne einer sehr guten Prioritätensetzung. Zum Anderen ist der Ausdruck "im Wesentlichen" eine zeugnistypische Einschränkung (wie auch "im Großen und Ganzen" oder "insgesamt", im Sinne von "wenn man anderthalb Augen zudrückt, war sie Leistung fast akzeptabel: also Note mangelhaft). Beispiele findest du in der Notenskala: http://www.arbeitszeugnis.de/notenskala-note5.php

Bei dir ist nun eine bekannte und eigentlich gute Formulierung aus der Fachliteratur (unbeabsichtigt?) minimal verändert worden, wobei sich die Bedeutung vom Positiven ins Negative wandelt. Hier mal ein paar Vergleiche aus der Literatur:

Note 1: Er erkennt und berücksichtigt sofort und sicher auch bereichsübergreifende Zusammenhänge und setzt schnell und richtig Prioritäten und findet sehr gute Lösungen.
Note 1: Er hatte einen sicheren Blick für das Wichtige und Wesentliche und arbeitete stets planvoll, methodisch und sehr gründlich.
Note 2: Er überblickt schwierige Zusammenhänge, erkennt das Wesentliche und ist in der Lage, schnell Lösungen aufzuzeigen.
Note 2: Er überblickt schwierige Zusammenhänge, erkennt das Wesentliche und zeigt schnell gute Lösungen auf, die er stets gewinnbringend umsetzt.
Note 5: Er erfasste schnell und sicher die wesentlichen Aspekte seines Aufgabenbereiches und strebte optimale Lösungen an.
Note 5: Er erkannte mit Unterstützung des Vorgesetzten das Wesentliche und zeigte im Wesentlichen zufriedenstellende Lösungen auf.

Bei dir müsste also "Im Wesentlichen" ausgetauscht werden gegen "erkennt das Wesentliche". Tückisch! Sonst ist wirklich alles ok im Zeugnis?

M.K.

  • Gast
Re: Nachfrage wegen Formulierung
« Antwort #2 am: Februar 12, 2008, 15:01:45 Nachmittag »
Hallo Mike,

danke erstmal für die Analyse. Das mit dem Wesentlichen war auch meine Frage, weil ich die Diskrepanz auch sehe - meint man das Wesentliche oder im wesentlichen, hat er es dann doch noch geschafft.

Bin mir mittlerweile auch bei anderem nicht ganz sicher.

Mir ist das wichtig zu wissen - weil der Ausschluss aus dem Unternehmen schon sehr seltsam war (man muss dazu wissen, dass ich befristet eingestellt war, aber die Wahl des Betriebsrats ins Leben rief und dort dann auch hineingewählt wurde und damit einigen der Chefetage natürlich auf den Schlips trat).

Deshalb noch mehr aus dem Zeugnis:

"Herr xxx verfügt über umfassende Fachkenntnisse." Das klingt gut denke ich.

An diesen Satz fügt sich der oben stehende im selben Absatz an ("Er überblickte schwierige Zusammenhänge im Wesentlichen und zeigte schnell richtige Lösungen auf.")

Dann folgt: "Er ergriff von sich aus die Initiative und setzte sich mit überdurchschnittlicher Leistungsbereitschaft für unser Unternehmen ein, dabei war Herr xxx auch starkem Arbeitsanfall gewachsen." Klingt erstmal sehr gut (allerdings die Frage, starkem Arbeitsanfall gewachsen, ist das Durschnitt weil dort nicht etwas wie stets etc. vor Arbeitsanfall steht?).

Mehr kommt gleich, passte nicht alles in einen Beitrag.

Viele Grüße

M.K.

  • Gast
Re: Nachfrage wegen Formulierung
« Antwort #3 am: Februar 12, 2008, 15:02:21 Nachmittag »
Hallo,

hier der Rest:

"Seine Urteilsfähigkeit ist geprägt durch eine klare und logische Gedankenführung, die ihn zu sicheren Urteilen befähigt." Klingt gut (ist es das auch?).

"Herr xxx bewältigte seinen Arbeitsbereich selbstständig und sicher, fand gute Lösungen und hatte neue Ideen." Klingt auch gut (ist es das auch?).

"Er hat die übertragenen Arbeiten stets zu unserer vollsten Zufriedenheit erfüllt." Gut das ist wenigstens so formuliert sicher zu sein, dass es gut ist.

"Sein persönliches Verhalten war einwandfrei. Bei Vorgesetzten, Kollegen und Mitarbeitern war er geschätzt." Klingt erstmal gut, aber keine nähere Einschätzung wie stets einwandfrei und geschätzt etc. Deshalb auch hier die Frage, ob es gut ist oder nicht.

"Wir danken Herrn xxx auf diesem Wege nochmals für die geleistete Arbeit und wünschen Ihm für seine persönliche und berufliche Zukunft alles Gute und weiterhin viel Erfolg." Da bin ich sehr unschlüssig.

Viele Grüße

Demel

  • Gast
Re: Nachfrage wegen Formulierung
« Antwort #4 am: Februar 12, 2008, 22:02:15 Nachmittag »
Das sind Standardformulierungen, die du auch in der Formulierungsdatenbank findest:
http://www.arbeitszeugnis.de/neuesuche/demo.php

Ich habe aber den Eindruck, dass der Aussteller die nur schlicht aneinander gereiht hat, ohne auf den Sinnzusammenhang zu achten. So kommt es zu unsinnigen Wiederholungen, z.B. "Herr xxx fand gute Lösungen ... Er zeigte schnell richtige Lösungen auf."

Ein Satz wie "Herr xxx verfügt über umfassende Fachkenntnisse" ist eher Note 3, ebenso wie "auch starkem Arbeitsanfall gewachsen (=Belastbarkeit Note 3).

Dass die Beiträge begrenzt sind, liegt sicher auch daran, dass mit jedem neuen Satz viele neue Fragen auftreten, z.B. um welchen Beruf es überhaupt geht, wiel lange du beschäftigt warst usw. Das sind ja sehr pauschale Textbausteine, selbst in der Note 1 wären die bei manchen Berufen eine Beleidigung. Dein Beitrag geht also über eine klar zu beantwortende Frage hinaus, du brauchst eher ein komplettes Zeugnisgutachten wie den "Zeugnistest" von arbeitszeugnis.de.

M.K.

  • Gast
Re: Nachfrage wegen Formulierung
« Antwort #5 am: Februar 12, 2008, 22:36:48 Nachmittag »
Hallo Demel,

vielen Dank für Deinen Kommentar.

Momentan bin ich durch die Nicht-Verlängerung des Arbeitsverhältnisses arbeitslos geworden. Da mein Verdienst nicht besonders gut war, ist mein derzeitiges Arbeitslosengeld dementsprechend gering. Deshalb versuche ich momentan noch ein wenig um einen Zeugnistest herumzukommen, weil ich es mir momentan einfach nicht wirklich leisten kann.

Da hier schon bei dem ein oder anderen Fall sehr hilfreiche Aussagen gemacht worden, hoffe ich noch ein paar hilfreiche Tips zu bekommen (mir geht es ja hauptsächlich darum, ob man das Zeugnis überhaupt nutzen sollte und wenn ja, ob es möglicherweise versteckte Hinweise auf die Betriebsratstätigkeit gibt - Striche oder andere Zeichen sind nicht am Zeugnis).

Zu Deinen Fragen: Beruf war in der Kundenberatung und im Beschwerdemanagement.

Beschäftigungsdauer war 1 Jahr und 9 Monate.

Viele Grüße

Homer2000

  • Gast
Re: Nachfrage wegen Formulierung
« Antwort #6 am: Februar 13, 2008, 07:12:53 Vormittag »
Es ist immer schwer, ein Zeugnis zu bewerten, dass man nur in Auszügen kennt. Die genannte Änderung ("Wesentlich") solltest du unbedingt vornehmen, das ist schon mal klar. Ich seh auch nichts zum Verhalten zu Kunden, das ist natürlich im Beschwerdemanegement und in der Kundenberatung extrem wichtig. Was ist mit dem Ausscheidungsgrund und dem Bedauern des Ausscheidens? Fehlt das auch? 
Bei fast 2 Jahren Beschäftigungszeit ist das schon ein sehr wichtiges Zeugnis, du kannst die Zeit ja nicht im Lebenslauf "untern Tisch fallen" lassen. Und wenn du kein Zeugnis vorlegst, wird man immer vom Schlimmsten ausgehen (z.B. fristlose Entlassung oder Note 5). Hinweise auf die Betriebsratstätigkeit sehe ich nicht.


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