Autor Thema: Was haltet Ihr davon?  (Gelesen 7380 mal)

PTA

  • Gast
Was haltet Ihr davon?
« am: Oktober 13, 2005, 13:30:00 Nachmittag »
Was haltet Ihr davon?????:

Frau XXX, geb. am X. XXX 19XX in XXX, war vom XXX bis zum XXX in der von mir geleiteten Apotheke als Pharmazeutisch-technische Assistentin in Teilzeit beschäftigt.

Ihr Aufgabenbereich umfasste alle Arbeiten im Handverkauf, in der Rezeptur und im Labor. Selbstverständlich übernahm Frau XXX auch alle Aufgaben aus dem Bereich der PKA. Besonderer Erwähnung bedarf Ihre stetige Bereitschaft auch Tätigkeiten in unserem angeschlossenen Reformhaus zu übernehmen.

Alle Ihr übertragenen Arbeiten erfüllte Frau XXX stets zu unserer vollsten Zufriedenheit. Die Aufgaben wurden stets mit äußerster Sorgfalt und größter Genauigkeit erledigt, was unseren Erwartungen in allerbester Weise und jeder Hinsicht entsprochen hat.

Das Verhalten zu Vorgesetzten und Mitarbeitern war stets vorbildlich. Frau XXX ist unbedingt ehrlich, pünktlich, fleißig und absolut zuverlässig. Im Umgang mit Kunden erwies Sie sich als sehr freundlich, zuvorkommend und hilfsbereit.

Frau XXX verlässt meine Apotheke auf eigenen Wunsch. Wir bedauern das Ausscheiden sehr und bedanken uns für stets sehr gute Leistungen. Wir wünschen Frau XXX für Ihre Zukunft alles Gute

PTA

  • Gast
Ergänzung
« Antwort #1 am: Oktober 14, 2005, 11:01:12 Vormittag »
Sehr geehrter Herr Schiller,

ich war gestern sehr gestreßt und bin daher nicht dazu gekommen, Anmerkungen zum obigen Zeugnis anzufügen. Dies tue ich jetzt und bitte um Entschuldigung.
Also, ich war 1 1/4 Jahr in einer Apotheke für 8-10 Std./Woche beschäftigt und habe jetzt die Kündigung bekommen, da ich so "dreist" war, Stunden, die ich auch gearbeitet habe, auf meinem Stundenzettel zu vermerken. ;-). Da diese Kündigung nicht fristgerecht war, haben wir uns geeinigt, daß ich wenigstens mein Zeugnis selber formulieren darf. Das habe ich getan und dieses auch schon meinem Chef gegeben. Jetzt, nachdem ich dieses Zeugnis verfasst habe, habe ich mich mehr mit der Thematik auseinander gesetzt und festgestellt, daß ich einige Formulierungen besser nicht so geschrieben hätte, oder sogar besser weggelassen hätte. Was meinen Sie dazu? Es ist im Großen und Ganzen doch ein sehr gutes Zeugnis, doch was sollte anders sein? Lohnt es sich, meinem Chef noch eine Berichtigung zukommen zu lassen oder sollte ich froh sein, wenn er den letzten Absatz so akzeptiert?

Bitte um schnelle Antwort, da sehr AKUT!

Viele Grüße

Tevion

  • Gast
Was haltet Ihr davon?
« Antwort #2 am: Oktober 14, 2005, 13:52:03 Nachmittag »
Ich möchte dem Experten nicht vorgreifen, mache aber auch einfach mal eine bescheidene Anmerkung dazu - ich würde Folgendes ändern:

Frau XXX, geb. am X. XXX 19XX in XXX, war vom XXX bis zum XXX in Teilzeit als Pharmazeutisch-technische Assistentin in der von mir geleiteten Apotheke beschäftigt.

Ihr Aufgabenbereich umfasste  ["alle" gestrichen - oder Du listet genau auf was es im Einzelnen war] Arbeiten im Handverkauf, in der Rezeptur und im Labor. Sie übernahm zudem Aufgaben aus dem Bereich PKA, insbesondere ... ["Selbstverständlich"  und "alle" streichen oder die Tätigkeiten konkret nennen].

Frau XXX engagierte sich außerdem in unserem Reformhaus, wo sie ... (Tätigkeiten nennen) erledigte ["Besonderer Erwähnung" streichen - in der Tätigkeitsbeschreibung würde ich eher neutral beschreiben und noch keine positiv hervorhebenden Adjektive bringen - das wirkt am Ende so übertrieben gut daß es wieder unglaubwürdig wird. "Bedarf der Erwähnung" klingt auch ungut. "Ihre stetige Bereitschaft" klingt nach "wenn sie dazu aufgefordert wurde" - deswegen besser: Eigeninitiative betonen. "Tätigkeiten in unserem angeschlossenen Reformhaus zu übernehmen" - "Tätigkeiten" ist zu wenig detailliert].

Die ihr ["Alle" wegstreichen, "ihr" muß klein geschrieben werden - Rechtschreibfehler werten die Aussagen ab/machen sie unglaubwürdig] übertragenen Arbeiten ["übertragen" könnte allerdings als mangelnde Eigeninitiative ausgelegt werden, also besser gleich den ganzen Satz verändern: Frau XXX erfüllte ihre Aufgaben stets zu unserer...] erfüllte Frau XXX stets zu unserer vollsten Zufriedenheit.

Die Aufgaben wurden stets mit äußerster Sorgfalt und größter Genauigkeit erledigt, was unseren Erwartungen in allerbester Weise und jeder Hinsicht entsprochen hat. [seeeehr positiv - dazu unten mehr]

Das Verhalten gegenüber ["zu" klingt ungeschickt] Vorgesetzten und Mitarbeitern war stets vorbildlich. Frau XXX war jederzeit ["ist unbedingt" entfernt] ehrlich, pünktlich, fleißig und ["absolut" entfernt - der Satz beginnt schon mit einem positiven Adjektiv (jederzeit) und man sollte es auch in einem guten Zeugnis nicht übertreiben. "Pünktlich" ist eine eher selbstverständliche Tugend, die vorrausgesetzt wird und gerade in einem sowieso sehr guten Zeugnis nicht extra erwähnt werden muß] zuverlässig. Im Umgang mit Kunden erwies Sie sich immer als ["sehr" entfernt und durch "immer" ersetzt] freundlich, zuvorkommend und hilfsbereit.

Frau XXX verlässt meine Apotheke auf eigenen Wunsch. Ich ["Wir" ist falsch wenn im Satz davor "meine" steht] bedauere ihr [nicht "das"] Ausscheiden sehr und bedankemich für stets sehr gute Leistungen. Ich wünsche Frau XXX für Ihre private und berufliche Zukunft viel Erfolg und alles Gute.

Das Zeugnis ist insgesamt 1+. Ist das realistisch? Wenn man es zu sehr übertreibt verkehrt sich die Aussage ins Gegenteil, deswegen lieber ein glaubwürdiges 1- oder 2+ - Zeugnis als eine unglaubwürdige 1-.
Ich würde mir selber ein etwas dezenteres Zeugnis schreiben...

Just my 2 Ct., aber der eigentliche Fachmann wird es noch kompetenter bewerten können.[/quote]

gast

  • Gast
Ohje...
« Antwort #3 am: Oktober 14, 2005, 15:31:18 Nachmittag »
Ohje... hab´s befürchtet. Bin gespannt, was Herr Schiller dazu meint. Werde jedenfalls versuchen noch einiges ändern zu lassen.

Vielen vielen Dank schonmal!

Klaus Schiller

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  • Beiträge: 1639
Was haltet Ihr davon?
« Antwort #4 am: Oktober 14, 2005, 16:57:55 Nachmittag »
Ein vollständiges Arbeitszeugnis bezieht im Leistungsteil Stellung zur Arbeitsbereitschaft, zu Fähigkeiten, zum Wissen, zur Arbeitsweise und zum Erfolg. Diese Abschnitte werden dann in der Leistungszusammenfassung mit dem Grad der Zufriedenheit zu einer Gesamtnote zusammengefasst.
Anschließend erfolgt die Bewertung des Verhaltens. In diesem Zeugnis wird lediglich die Arbeitsweise bewertet, wobei passive Formulierungen wie „Die Aufgaben wurden stets mit …. erledigt“ generell sehr undynamisch, also Hinweis auf mangelnde Initiative wirken. Aussagen zu Fähigkeiten, Wissen und zum Arbeitserfolg fehlen komplett. Aufgrund der gesetzlichen "Wohlwollenspflicht" in Arbeitszeugnissen können diese Unvollständigkeiten als bewusste Auslassung zu Ungunsten des Zeugnisempfängers interpretiert werden ("beredtes Schweigen", Note mangelhaft).
Die veraltete Pauschalaussage „ehrlich, pünktlich, fleißig und zuverlässig“ wird nicht selten in folgendem Sinne gedeutet: „Außer diesen absoluten Selbstverständlichkeiten können wir nichts Positives bescheinigen“.  

Auffällig ist auch der Schlussteil. Die Aussage „wir bedanken uns“  (statt „wird danken ihr“) wird in der Zeugnissprache generell eher abwertend verstanden. Diese Formulierung ist reflexiv („sich bedanken“) und beschreibt keine Interaktion. Anders verhält es sich bei der Aussage „wir danken ihr“, in der dem Gegenüber aktiv Dank entgegengebracht wird.
Auch der Zukunftswunsch entspricht in dieser Form („Wir wünschen Frau XXX für Ihre Zukunft alles Gute“) nur der Note 4. Zum Vergleich Note 1: “Wir wünschen ihr auf ihrem weiteren Berufs- und Lebensweg alles Gute und weiterhin viel Erfolg“.
Auch stilistische Fehler können ein Zeugnis abwerten, so werden Personalpronomen (sie, ihr) in Zeugnissen klein geschrieben, es handelt sich nicht um eine Anrede.

Einen Überblick über die Struktur eines vollständigen Zeugnisses finden Sie hier: http://www.arbeitszeugnis.de/images/Zeugnisstruktur.pdf.

Bitte beachten Sie: Dies ist keine vollständige Zeugnisanalyse, sondern nur ein Kommentar zu beispielhaften Auffälligkeiten. Eine vollständige detaillierte Zeugnisanalyse erhalten Sie hier:  http://www.arbeitszeugnis.de/zeugnistest.php.
Wenn Sie das Zeugnis von Experten aufwerten lassen möchten, um beim Arbeitgeber direkt diese unterschriftsreife, verbesserte Zeugnisfassung als Formulierungsvorschlag einzureichen, finden Sie hier schnelle und günstige Hilfe: http://www.arbeitszeugnis.de/ueberarbeitung2.php
   
Weitere Informationen finden Sie auch im Artikel "Wie können Sie sich gegen ein ungerechtes Arbeitszeugnis wehren?" unter http://www.arbeitszeugnis.de/rechtsberatung.php
Klaus Schiller, arbeitszeugnis.de
Personalmanagement Service GmbH
schiller@arbeitszeugnis.de

- Alle Angaben ohne Gewähr -

gast

  • Gast
Versagt?
« Antwort #5 am: Oktober 14, 2005, 17:16:51 Nachmittag »
Tja...nun durfte ich mein Zeugnis selber formulieren und habe damit auch noch versagt. Nun ist es wohl zu spät, denn das Zeugnis liegt schon beim Arbeitgeber. Hatte mich an meinen vorangegangenen Zeugnissen orientiert.....
Vielen Dank für Ihre Hilfe, ich weiß jedoch jetzt nicht wie ich´s ändern soll. Versagt!

Gruß

Klaus Schiller

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  • Beiträge: 1639
Was haltet Ihr davon?
« Antwort #6 am: Oktober 14, 2005, 20:20:30 Nachmittag »
Sie können den Arbeitgeber darauf hinweisen, dass Sie gerne eine ergänzte Zeugnisfassung nachreichen möchten und der momentane Entwurf somit nicht bearbeitet/ unterzeichnet werden sollte. Gerade aufgrund der Komplexität der Zeugnissprache haben Arbeitgeber durchaus großes Verständnis für derartige Umstände.

Es ist allerdings nicht zu empfehlen, sich an den eigenen bisher erhaltenen Zeugnissen zu orientieren, da allzu große Ähnlichkeiten wiederum ein Hinweis auf einen Eigenentwurf sind. Professionelle Hilfe bei der Zeugnischreibung finden Sie hier:
http://www.arbeitszeugnis.de/ueberarbeitung2.php.


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