Autor Thema: Wie ist dieses Zeugnis zu verstehen?  (Gelesen 3658 mal)

Michael

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Wie ist dieses Zeugnis zu verstehen?
« am: Juli 26, 2005, 17:37:01 Nachmittag »
Hallo,

nach dreimonatiger Wartezeit habe ich jetzt mein Arbeitszeugnis zugeschickt bekommen. Leider sind mir die Codes relativ unbekannt, deshalb bitte ich hier um eine Deutung bzw. Bewertung meines Zeugnisses. Insbesondere die fett gekennzeichneten Teile scheinen mir fraglich.
Gruß
Michael



[Briefkopf]

Zeugnis

Herr ..., geboren am ...  in ..., war in der Zeit vom 01. Januar 2000 bis 15. April 2005 in der Abteilung ... des Instituts ... der ... Universität ... als Technischer Angestellter/Werkstoffprüfer beschäftigt.

Herr ... war zunächst mit der Durchführung von genormten Versuchen unterschiedlicher Werkstoffe unter statischer Beanspruchung befasst. Im Einzelnen zählte zu seinen Aufgaben der Einbau von Proben, das Anfahren der Versuche, deren Überwachung einschließlich deren Abschluss mit Ausbau und Probenvermessung.

Auf seinen Wunsch wechselte Herr ... in eine zweite Arbeitsgruppe und führte dort Relaxationsversuche, dehnungsgeregelte Ermüdungsversuche und kraftgeregelte Ermüdungsversuche auf elektromechanischen [fehlendes "und"] hydraulischen Prüfmaschinen bei hohen Temperaturen durch. Hierbei waren vom ihm der Einbau von Proben, die Optimierung von mechanischen Probeneinspannungen und die Erstellung von Maschinensteuerprogrammen einschließlich Messdatenerfassung auf unterschiedlichen Mess- und Regelsystemen vorzunehmen. Zusätzlich war Herr ... mit der Betreuung von Glühversuchen bei hohen Temperaturen betraut.

Herr ... nahm die vielfältigen Möglichkeiten des innerbetrieblichen Programms zur beruflichen Weiterbildung wahr und hat sie auch zu unserem Vorteil genutzt.

Herr... erfüllte seine Aufgaben mit ausdauerndem Engagement und äußerster Konzentration und bewältigte neue Arbeitssituationen stets gut. Er erledigte seine Aufgaben stets selbständig mit großer Sorgfalt und Genauigkeit. Seine Arbeitsqualität war stets gut.

Sein Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Arbeitskollegen war einwandfrei. Herr ... erledigte die ihm übertragenen Aufgaben stets zu unserer vollen Zufriedenheit.

Herr ... verließ uns auf eigenen Wunsch. Wir bedanken uns für die gute Zusammenarbeit und bedauern, Herrn ...  zu verlieren. Für seinen weiteren Berufs- und Lebensweg wünschen wir ihm alles Gute.

[Unterschriften von Prof. und Abteilungsleiter]

Klaus Schiller

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Wie ist dieses Zeugnis zu verstehen?
« Antwort #1 am: Juli 26, 2005, 22:08:29 Nachmittag »
Es handelt sich um recht pauschale Textbausteine, mehrheitlich der Note 2, die kaum auf das Stellenprofil abgestimmt sind. Insbesondere die Fähigkeiten ("mit ... äußerster Konzentration und bewältigte neue Arbeitssituationen stets gut") und der Erfolg ("Seine Arbeitsqualität war stets gut") werden gemessen an den komplexen Aufgaben nicht überzeugend beschrieben. Ebenfalls sehr wichtig wäre eine detaillierte Bewertung der Kennntisse, diese fehlt jedoch völlig.

Die Aussage „wir bedanken uns“  (statt „wird danken ihr/ihm“) wird in der Zeugnissprache generell eher abwertend verstanden. Diese Formulierung ist reflexiv („sich bedanken“) und beschreibt keine Interaktion. Anders verhält es sich bei der Aussage „wir danken ihr/ihm“, in der dem Gegenüber aktiv Dank entgegengebracht wird.

Grammatikfehler (fehlendes "und") schmälern immer die Seriosität eines Zeugnisses, da der Eindruck entsteht  es wurde weder sorgfältig verfasst noch korrekturgelesen.

Einen Überblick über die Struktur eines vollständigen Zeugnisses finden Sie hier: http://www.arbeitszeugnis.de/images/Zeugnisstruktur.pdf.

Wenn Sie das Zeugnis von Experten aufwerten lassen möchten, um beim Arbeitgeber direkt diese unterschriftsreife, verbesserte Zeugnisfassung als Formulierungsvorschlag einzureichen, finden Sie konkrete Dienstleistungsangebote hier: http://www.arbeitszeugnis.de/ueberarbeitung2.php

Weitere Informationen finden Sie auch im Artikel "Wie können Sie sich gegen ein ungerechtes Arbeitszeugnis wehren?" unter http://www.arbeitszeugnis.de/rechtsberatung.php
Klaus Schiller, arbeitszeugnis.de
Personalmanagement Service GmbH
schiller@arbeitszeugnis.de

- Alle Angaben ohne Gewähr -

Michael

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Wie ist dieses Zeugnis zu verstehen?
« Antwort #2 am: Juli 27, 2005, 13:58:45 Nachmittag »
Hallo Herr Schiller,

vielen Dank für die schnelle Antwort!

Interesieren würde mich noch
- an welcher Stelle schlechter als Note 2 gewertet wurde?
- ob "Herr ... nahm die vielfältigen Möglichkeiten des innerbetrieblichen Programms zur beruflichen Weiterbildung wahr und hat sie auch zu unserem Vorteil genutzt." nicht negativ für zuküntige Arbeitgeber zu werten ist?
- ob die Formulierung "äußerster Konzentration" nicht mehr nach "kurz vorm Nervenzusammenbruch" klingt :) ?

Gruß
Michael

Klaus Schiller

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Wie ist dieses Zeugnis zu verstehen?
« Antwort #3 am: Juli 28, 2005, 03:55:21 Vormittag »
Interesieren würde mich noch
- an welcher Stelle schlechter als Note 2 gewertet wurde?

Hierzu muss zum Einen die Aussage „Herr ... nahm die vielfältigen Möglichkeiten des innerbetrieblichen Programms zur beruflichen Weiterbildung wahr“ gezählt werden, zum anderen die genannten fehlenden oder unvollständigen Aussagen.

-ob "Herr ... nahm die vielfältigen Möglichkeiten des innerbetrieblichen Programms zur beruflichen Weiterbildung wahr und hat sie auch zu unserem Vorteil genutzt." nicht negativ für zuküntige Arbeitgeber zu werten ist?
Die Aussage ist in der Tat missverständlich bzw. mehrdeutig, im Sinne von  „Nicht nur zu unserem Vorteil“.

- ob die Formulierung "äußerster Konzentration" nicht mehr nach "kurz vorm Nervenzusammenbruch" klingt  ?
Nein, diese Interpretation ist ausgeschlossen.


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