Während im normalen Sprachgebrauch eine doppelte Verneinung die Aussage verstärkt (z.B. "nicht unerheblich" = wichtig), bewirkt sie in der Zeugnissprache eine Abwertung. Hatte ein Beurteilter laut Zeugnis mit einer Anforderung "keine Schwierigkeiten", dann gehörte dies im Umkehrschluss aber auch nicht gerade zu seinen Stärken.
Ähnlich ist es mit der Formulierung „Das Verhalten ... war stets korrekt“, da das Adjektiv „korrekt“ als Verhaltensbewertung deutlich schwächer zu bewerten als z.B. „vorbildlich“ oder „einwandfrei“. Ein "korrektes“ Verhalten erfüllt nur Mindestanforderungen. Auch wenn in einer Formulierung zum Verhalten gegenüber Internen die Kollegen entgegen der Hierarchie vor den Vorgesetzten genannt werden, gilt dies als Kritik am Verhalten gegenüber den Vorgesetzten.
Formulierung wie "...Sie ist jederzeit bereit, ihr eigenes Handeln kritisch zu hinterfragen, Kritik entgegen zu nehmen..." wird in der Zeugnisdeutung unterschiedlich interpretiert. Es kann sich einerseits um einen Hinweis auf konstruktive Teamarbeit handeln, andererseits besagt die Aussage indirekt, dass ein Beurteilter kritisiert werden musste, also Fehler machte (besser: „...trug in jeder Hinsicht zu einer effizienten Teamarbeit bei“).
Aber: Ganz ohne Kenntnis des Berufes, der konkreten Aufgaben und der sonstigen wertenden Aussagen lassen sich Zeugnisaussagen leider generell nicht zuverlässig bewerten. Jede Stelle hat andere Anforderungen, auf die im Zeugnis auch eingegangen werden muss. Entscheidend ist also der Gesamteindruck. Und selbst dann kann eine Kleinigkeit den Wert des Zeugnisses entscheidend beeinflussen, z.B. wenn einem Arbeitnehmer für die erbrachten Leistungen im Zeugnis nicht gedankt wird.
Ich empfehle Ihnen eine genauere Prüfung des Zeugnisses anhand unserer kostenlosen Checkliste (siehe
http://www.arbeitszeugnis.de/presse/checkliste.pdf).