Autor Thema: Arbeitszeugnis schlecht?  (Gelesen 4158 mal)

topa

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Arbeitszeugnis schlecht?
« am: Oktober 20, 2005, 07:17:44 Vormittag »
Sehr geehrter Herr Schiller,

ich habe ein Arbeitszeugnis erhalten, welches mir auf den ersten Blick nicht schlecht erschien. Allerdings habe ich seit ich mich etwas genauer mit dem Thema beschäftigt habe einen eher gegenteiligen Eindruck.
Zu meiner Person: ich bin Biologin und habe als technische Assistentin gearbeitet. Zur Zeit arbeite ich zwar als Biologin, möchte aber nicht generell ausschließen, mich wieder einmal als Assistentin zu bewerben (es gibt einfach mehr Stellen)

Hier das Zeugnis:

Frau X war vom xx.xx.xxxx bis zum xx.xx.xxxxx in der Arbeitsgruppe xx als MTA mit einem Beschäftigungsumfang von 100% tätig.

Hier erfolgt eine kurze Beschreibung der Arbeitsgruppe, dann folgen zwei Sätze über die apparative Ausstattung.

Frau X hat sich während ihrer Beschäftigung sowohl mit organisatorischen Tätigkeiten als auch mit Laborarbeiten befaßt, die sie jeweils zu unserer vollsten Zufriedenheit erledigt hat. In den ersten Aufgabenbereich fallen neben den üblichen Verwaltungsaufgaben und dem Bestellwesen die Organisation der Mauszucht. Da die Arbeitsfähigkeit der gesamten Gruppe davon abhängt, ist dies eine der Schlüsselaufgaben. Praktisch hat sich Frau X schwerpunktmäßig mit der Ganzfeldretinographie befaßt. Insbesondere hat sie eine große Zahl von Ableitungen an Mausmodellen  retinaler Degeneration durchgeführt. Diese Arbeiten hat sie sehr sorgfältig und gewissenhaft durchgeführt und zu einem guten Erfolg geführt.

Frau X hat sich überdurchschnittlich mit den wissenschaftlichen Inhalten ihrer Arbeiten auseinandergesetzt und zusammen mit dem wissenschaftlichen Personal an Fortbildungsveranstaltungen teilgenommen. Bei Kollegen und Vorgesetzten war sie gleichermaßen beliebt und hat zum Zusammenhalt der Gruppe und der schnellen Integration ausländischer Mitarbeiter einen wesentlichen Beitrag geleistet.

Da sie ein Angebot für eine ihrer Ausbildung angemessene Stelle als Biologin erhalten hat, verläßt Frau X auf eigenen Wunsch die Arbeitsgruppe zum xx.x.xxxx, was wir außerordentlich bedauern. Wir wünschen ihr für ihren weiteren beruflichen und privaten Weg alles Gute.


Nun habe ich mehrere Fragen:

Was ist generell von diesem Zeugnis zu halten?

Hört sich der Satz "da die Arbeitsfähigkeit der gesamten Gruppe...Schlüsselaufgaben" nicht so an, als ob ich außer Mauszucht nichts anderes gemacht habe?

Was bedeutet "sehr sorgfältig und gewissenhaft durchgeführt und zu einem guten Erfolg geführt"?

Das dreimalige "durchgeführt" kurz hintereinander, ist so etwas negativ zu werten?

Wie wirken die Fortbildungsveranstaltungen?

Kollegen und Vorgesetzte sind vertauscht, und was bedeutet "beliebt"?

Zusammenhalt der Gruppe hört sich irgendwie auch komisch an, ist dies negativ zu werten?

Der letzte Satz gefällt mir überhaupt nicht, da zum einen die Dankesformel fehlt. Ist sie denn wichtig? Zum anderern finde ich, daß ich mich mit diesem Schlußsatz eigenlich auf keine MTA Stelle mehr zu bewerben brauche, da es so aussieht, als ob ich nur darauf gewartet habe endlich abzuhauen (was so überhaupt nicht stimmt)  Wie formuliert man so etwas besser?

Und dann fehlt der Firmenstempel, ist das wichtig?

Außerdem ist mir aufgefallen, daß das Datum uneinheitlich ist  (z.B. 12.05.2005 und 12.5.2005). Bedeutet dies was?

Klaus Schiller

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Arbeitszeugnis schlecht?
« Antwort #1 am: Oktober 21, 2005, 23:02:43 Nachmittag »
Was ist generell von diesem Zeugnis zu halten?
Auffällig ist zunächst, dass Aufgaben und Wertung nicht -wie üblich -voneinander getrennt sind. Dies hat den Nachteil, dass Aussagen wie die folgende zu Ihren Ungunsten interpretiert werden könnten: "In den ersten Aufgabenbereich fallen ... Diese Arbeiten hat sie sehr sorgfältig und gewissenhaft durchgeführt und zu einem guten Erfolg geführt" (die Aufgaben im zweiten Aufgabenbereich aber nicht ??). Zudem fehlen viele zu erwartende Aussagen, z.B. enthält das Zeugnis keinerlei dynamische Attribute (engagiert, motiviert), auch zu Fähigkeiten und vor allem zum Wissen wird nichts gesagt.  Aufgrund der gesetzlichen "Wohlwollenspflicht" in Arbeitszeugnissen können diese Unvollständigkeiten als bewusste Auslassung zu Ungunsten des Zeugnisempfängers interpretiert werden ("beredtes Schweigen", Note mangelhaft).

Was bedeutet "sehr sorgfältig und gewissenhaft durchgeführt und zu einem guten Erfolg geführt"?
Dies bezieht sich auf die Arbeitsweise und den Arbeitserfolg (Note 2-3). Eine Übersicht über die Abschnitte und Attribute finden Sie hier: http://www.arbeitszeugnis.de/images/Zeugnisstruktur.pdf.

Das dreimalige "durchgeführt" kurz hintereinander, ist so etwas negativ zu werten?
Stilistische Mängel werten ein Zeugnis natürlich ab, sind aber unbeabsichtigt.

Kollegen und Vorgesetzte sind vertauscht, und was bedeutet "beliebt"?
Diese nicht hierarchische Reihenfolge ist in der Tat abwertend, besser und wichtiger als "Beliebtheit" wäre "Wertschätzung", zumindest als Ergänzung.  

Der letzte Satz gefällt mir überhaupt nicht, da zum einen die Dankesformel fehlt. Ist sie denn wichtig?
Ein Dank sollte in einem glaubwürdigen guten Zeugnis nicht fehlen.

Zum anderern finde ich, daß ich mich mit diesem Schlußsatz eigenlich auf keine MTA Stelle mehr zu bewerben brauche, da es so aussieht, als ob ich nur darauf gewartet habe endlich abzuhauen (was so überhaupt nicht stimmt)
Die Aussage wirkt in der Tat so, als wäre diese Stelle unangemessen gewesen, als hätten Sie sich also "unter Wert verkauft".

Und dann fehlt der Firmenstempel, ist das wichtig?
Die Adresse des Ausstellers muss erkennbar sein, ein Stempel ist nicht erforderlich.

Außerdem ist mir aufgefallen, daß das Datum uneinheitlich ist (z.B. 12.05.2005 und 12.5.2005). Bedeutet dies was?
Auch das ist ein stilistischer Mangel.

Bitte beachten Sie: Dies ist keine vollständige Zeugnisanalyse, sondern nur ein Kommentar zu beispielhaften Auffälligkeiten. Eine vollständige detaillierte Zeugnisanalyse erhalten Sie hier: http://www.arbeitszeugnis.de/zeugnistest.php
Wenn Sie das Zeugnis von Experten aufwerten lassen möchten, um beim Arbeitgeber direkt diese unterschriftsreife, verbesserte Zeugnisfassung als Formulierungsvorschlag einzureichen, finden Sie hier schnelle und günstige Hilfe:
http://www.arbeitszeugnis.de/ueberarbeitung2.php

Weitere Informationen finden Sie auch im Artikel "Wie können Sie sich gegen ein ungerechtes Arbeitszeugnis wehren?" unter http://www.arbeitszeugnis.de/rechtsberatung.php
Klaus Schiller, arbeitszeugnis.de
Personalmanagement Service GmbH
schiller@arbeitszeugnis.de

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