Autor Thema: Arbeitszeugnis-so okay?  (Gelesen 3622 mal)

Anne

  • Gast
Arbeitszeugnis-so okay?
« am: Juni 22, 2005, 15:38:39 Nachmittag »
Hallo,

muss mein eigens Arbeitszeugnis schreiben und gerate dabei ganz schön ins straucheln. Insbesondere bei der Tätigkeitsbeschreibung bin ich mir nicht so sicher, da meine Tätigkeit sehr vielfältig war. Soll man seine Aufgaben in Stichworten nennen oder ausformulieren? Wie bringe ich Ergebnisse ein ohne dass es zu lang wird.

Vielen dank für Eure Tipps.

Anne

PS: ist es zu lang?

Frau .., geb. am ..., war vom 01.05.2003 bis zum 30.06.2005 als

Assistentin der Geschäftsführung / Projekt Managerin

in unserem Unternehmen tätig.

... ist ein international tätiges Außenhandelsunternehmen, welches spezialisiert ist auf den Export technischer Anlagen und Güter, insbesondere im Bereich Wasser und Abwasser.

Im Rahmen ihrer Tätigkeit als Projekt Managerin wickelte ...eigenständig und erfolgreich Projekte mit Kundenschwerpunkt Mittlerer Osten ab und nahm dabei folgende Aufgaben wahr:

·   Kalkulation und Erstellung von Angeboten,  Auftragsüberwachung, Erstellung der erforderlichen Dokumente

·   Projektcontrolling

·   Kontakte zu Banken, Zollämtern und der IHK

·   Aufbau und Pflege von Kontakten zu Herstellern und Kunden

Als Assistentin unterstütze sie die Geschäftsführung indem sie die folgenden Tätigkeiten übernahm:

·   Reiseplanung, Reiseabrechnung, Erstellung von Korrespondenz in englischer und deutscher Sprache

·   Inhaltliche Planung und Gestaltung der Firmenwebseite

·   Buchführung und Vorbereitung des Jahresabschlusses

Zusätzlich übernahm Frau ...mit Engagement die Rekrutierung neuer Mitarbeiter in den Bereichen Sachbearbeitung Export sowie Key Account Management. Sie schaltetet gezielt Anzeigen in den Medien, traf die Vorauswahl von Bewerbern und führte Vorstellungsgespräche.
Als  Ausbilderin für den Beruf Groß- und Außenhandelskauffrau war Frau ... verantwortlich für die Betreuung von Auszubildenden im Unternehmen.

Frau ... zeigte stets ein hohes Maß an Eigeninitiative und Leistungsbereitschaft.
Sie verfügt über ein sehr gutes analytisch-konzeptionelles  und zugleich pragmatisches Urteils- und Denkvermögen sowie ein ausgesprochenes Organisationstalent.

Sie arbeitete sich sehr schnell in ihr Aufgabengebiet ein und eignete sich in kürzester Zeit  umfangreiches Fachwissen an, wodurch sie in Kombination mit ihren sehr guten englischen Sprachkenntnissen immer weit überdurchschnittliche Erfolge erzielte.

Wir lernten Frau ...als eine sehr zuverlässige Mitarbeiterin kennen, die auch unter Zeitdruck stets die Übersicht behielt und gleich bleibend sehr gute Ergebnisse lieferte. Ihre Arbeitsweise zeichnete sich durch eine umsichtige und vorausschauende Planung, Selbständigkeit und Flexibilität aus, so dass sie ihre Vorgesetzten stets wesentlich entlastete.

Frau ...arbeitete sehr genau und äußerst gewissenhaft. Ihre Leistungen fanden stets unsere vollste Zufriedenheit und entsprachen in jeder Hinsicht unseren Erwartungen.

Ihr Auftreten war geprägt von hoher persönlicher Integrität und vorbildlichem Einsatz. Sie war bei Vorgesetzten, Kollegen und Geschäftspartnern gleichermaßen anerkannt und geschätzt.

Frau...verlässt unser Unternehmen auf eigenen Wunsch. Wir bedauern ihr  Ausscheiden außerordentlich und danken ihr für die geleistete Arbeit in unserem Unternehmen.

Wir wünschen Frau ...l für ihren weiteren beruflichen Weg alles Gute und weiterhin viel Erfolg.

Köln, 30.Juni 2005

...
Geschäftsführer

Klaus Schiller

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Arbeitszeugnis-so okay?
« Antwort #1 am: Juni 23, 2005, 00:01:46 Vormittag »
Der Zeugnistext enthält in nahezu allen Abschnitten Auffälligkeiten. Z.B. beschreibt der Punkt "Kontakte zu Banken, Zollämtern und der IHK" sicher einen Umstand Ihrer Tätigkeit, aber doch keine Aufgabe.

Der Leistungsteil besteht aus z.T unstrukturiert aufgelisteten Standardformulierungen aus dem Fachbuch "Arbeitszeugnisse in Textbausteinen", die z.T. aber unsachgemäß verwendet wurden: Die Aussage "Ihre Leistungen entsprachen in jeder Hinsicht unseren Erwartungen" verweist auf die Gesamtnote 4 ("ausreichend").

Auf die Funktion als Ausbildungsleiterin geht der Leistungsteil gar nicht ein. Formulierungen wie "Wir haben sie als ... kennengelernt" können als Distanzierung gedeutet werden. Vgl. auch folgendes Urteil: "Wenn auch die von der Arbeitgeberin gewählte Formulierung "wir haben Frau X. als eine freundliche und zuverlässige Mitarbeiterin kennengelernt" sich nicht abwertend anhört, wird der Arbeitnehmerin damit jedoch gerade nicht bescheinigt, dass sei eine tatsächlich "freundliche und zuverlässige Mitarbeiterin" gewesen ist, denn der Gebrauch des Wortes "kennengelernt" drückt stets das Nichtvorhandensein der im Kontext aufgeführten Fähigkeit oder Eigenschaft aus, wie von Seiten der Germanisten in einer ganzen Reihe von Schriften mit Untersuchungen zur Zeugnissprache eindrucksvoll belegt worden ist. - Urteil des LAG Hamm 27.4.2000 - 4 Sa 1018/99"

Der Zukunftswunsch sollte sich immer auch auf den Lebensweg, nicht nur den Berufsweg beziehen. Andernfall entsteht der Eindruck von Streitigkeiten, evtl. im Zusammenhang mit dem Ausscheiden.

(usw.)

Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass ich im Forum keinen Do-it-youself-Kurs zur Zeugnis-Schreibung geben kann, dafür ist das Thema zu komplex und sind die Fehlermöglichkeiten zu vielfältig. Ich gebe auch Ihnen den wohlgemeinten Rat: Nutzen Sie professionelle Hilfe, siehe auch http://www.arbeitszeugnis.de/neuentwurf2.php
Klaus Schiller, arbeitszeugnis.de
Personalmanagement Service GmbH
schiller@arbeitszeugnis.de

- Alle Angaben ohne Gewähr -


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