Autor Thema: schlechtes zeugnis?  (Gelesen 5902 mal)

der anrufer

  • Gast
schlechtes zeugnis?
« am: Oktober 01, 2008, 09:44:15 Vormittag »
hallo die runde,

ich hab ein zeugnis von einem callcenter bekommen, in dem ich viele negative formulierungen vermute, die ich nicht erkenne, die mir aber nachfolgende bewerbungen erschweren können.

Herr Xxxxxx konnte sich aufgrund seiner guten Auffassungsgabe schnell in die neuen Themen einarbeiten und setzte die erworbenen Kenntnisse sorgfältig um. Er hinterfragte (nörgeln?) seine Aufgaben und setzte sie dann zügig um. Seine Kundengespräche führte er zielorientiert. Durch aktives Zuhören gelang es ihm, auf die Kunden einzugehen und ihnen das passende Produkt zu präsentieren (aber nichts zu verkaufen?). Seine Abschlussquoten entsprachen konstant dem Teamschnitt. (also ein nur durchschnittlicher mensch?)

Herr Xxxxxx verfügt über gute EDV-Kenntnisse und konnte mit den diesbezüglichen Gegebenheiten jederzeit umgehen.

Aufgrund seines zurückhaltenden Wesens
(Sonderling/Eigenbrödler?) war Herr Xxxxxxx bei Vorgesetzten und Mitarbeitern anerkannt. (positiv oder negativ?) Gegenüber Kunden trat er jederzeit höflich und zuvorkommend auf.

Das Arbeitsverhältnis mit Herr Xxxxxx endete auf seinen Wunsch mit dem 13. Juli 2008. Wir bedauern
(wir sind froh?) sein Ausscheiden, danken ihm für seine Leistungen und wünschen ihm für seine berufliche und private Zukunft alles Gute.

interpretiere ich da nun zu viel hinein? ich kann keine note finden, die in richtung 2 oder 3 geht, wobei meine side-by-side-coachings immer zwischen 2 und 3 gelegen haben und das letzte sogar überwiegend bei 1.

schon mal danke für eine antwort.

Demel

  • Gast
Re: schlechtes zeugnis?
« Antwort #1 am: Oktober 01, 2008, 19:21:05 Nachmittag »
Es ist immer eine sehr undankbare Aufgabe, Zeugnisaussagen zu bewerten, wenn man keine Ahnung vom Kontext hat (Beruf, Beschäftigungsdauer...), siehe Nutzungsbedingungen des Forums oben. Bist du Call Center Agent?

Ich finde z.B. auffällig, dass im Satz "setzte die erworbenen Kenntnisse sorgfältig um" die Kenntnisse nicht bewertet werden. Später ist nur von guten EDV-Kenntnissen die Rede. Aufgaben zu hinterfragen ist in der Tat ungewöhnlich, es klingt so als misstraust du dem Vorgesetzten.

Nur durchschnittliche Abschlussquoten sind kein Lob.  In Zeugnissen werden üblicherweise nur Verhaltensattribute bescheinigt, die wichtig für den Beruf sind. Z.B. durchsetzungsstark, kooperativ, zuvorkommend... Das gilt nicht für ein "zurückhaltendes Wesen", das ist eher eine Kritik, vor allem im Call Center. Der Schlussteil ist auch eher schwach, z.B. der Dank "für seine Leistungen". Eine Gesamtnote (mit dem Grad der Zufriedenheit) wird nicht vergeben? Aber wie gesagt, man sollte ein Zeugnis mit erkennbaren Schwächen immer im Kontext betrachten. Bei Dienstleistern wie www.arbeitszeugnis.de gibt es dafür Angebote wie den "Zeugnistest". 


der anrufer

  • Gast
Re: schlechtes zeugnis?
« Antwort #2 am: Oktober 02, 2008, 08:43:17 Vormittag »
sorry. ich weiß, wer lesen kann, ist klar im vorteil.

ich bin in der firma als callcenter-agent angestellt gewesen und habe nach 6 monaten das handtuch geworfen, da ich (und auch viele andere) auf datensätze telefonieren mußte, bei denen zu 90% von vorherein feststand, daß ich den kunden nicht rückgewinnen kann, weil widerrufsfristen abgelaufen sind. es wurde aber erwartet, daß man eine quote von 8% erreicht, bezogen auf den gesamten adressbestand.

hinterfragen kann sicherlich so oder auch anders ausgelegt werden. ich habe natürlich viel gefragt, es sollte doch legitim sein zu fragen, wie reagiere ich, wenn der kunde dies oder das sagt. und da ich gerne verkaufe und in den letzten zwei wochen auch deutlich (ca. 100%) über dem teamschnitt gelegen habe, muß ich auch viel fragen.

Sprossel78

  • Gast
Re: schlechtes zeugnis?
« Antwort #3 am: Oktober 02, 2008, 17:46:18 Nachmittag »
Zum einen musst du differenzieren zwischen dem, was alles im Berufsalltag normal ist und dem, was in einem Zeugnis betont wird. Natürlich ist es legitim, Fragen zu stellen, aber wenn in einem Zeugnis stände "er stellt viele Fragen", dann fällt das schon aus dem Rahmen. Dann sind es "zu viele" Fragen. Es ist auch verständlich, dass man mal zu spät zur Arbeit kommt, das passiert jedem. Aber wenn es im Zeugnis steht, war es die Regel.

Zum anderen: Wenn jemand "mitdenkt", dann würde im Zeugnis wohl eher hohe Eigenverantwortung, gewissenhaftes und durchdachtes Vorgehen und/oder ein sehr gutes Informationsverhalten bescheinigt werden. Der Ausdruck "hinterfragen" klingt aber nach bezweifeln, nach dem Sinn "hinter" der Aufgabe. 

der anrufer

  • Gast
Re: schlechtes zeugnis?
« Antwort #4 am: Oktober 11, 2008, 16:48:49 Nachmittag »
hallo, nochmals ich mit nem neuen zeugnis. ist das nun besser?

Herr Xxxxxx konnte sich aufgrund seiner guten Auffassungsgabe schnell in neue Themen einarbeiten und setzte die erworbenen Kenntnisse sehr sorgfältig um. Er nahm im Laufe seiner Betriebszugehörigkeit an folgenden internen Schulungen teil: 1. + 2. + 3. + 4.

Herr Xxxxxx setzte die ihm übertragenen Aufgaben zügig und zu unserer vollen Zufriedenheit um. Seine Kundengespräche führte er zielorientiert und bedarfsgerecht. Durch aktives Zuhören gelang es ihm, auf die Kunden einzugehen und ihnen das passende Produkt zu präsentieren. So konnte er zumeist Verkaufsabschlüsse generieren. Seine Abschlußquote entsprachen konstant dem Teamschnitt.

Herr Xxxxxx verfügt über gute EDV-Kenntnisse und konnte mit den diesbezüglichen Gegebenheiten jederzeit umgehen.

Aufgrund seines freundlichen Wesens war Herr Xxxxxx bei Vorgesetzten und Mitarbeitern anerkannt. Gegenüber Kunden trat er jederzeit aufgeschlossen und zuvorkommend auf.

Herr Xxxxxx hat uns auf eigenen Wunsch am 13. Juli 2008 verlassen. Wir bedauern sein Ausscheiden, danken ihm für seine Leistungen und wünschen ihm für seine berufliche und private Zukunft alles Gute.


sind ja eigentlich nur marginale änderungen, aber es klingt besser. oder laß ich mich täuschen?

Sprossel78

  • Gast
Re: schlechtes zeugnis?
« Antwort #5 am: Oktober 12, 2008, 16:10:31 Nachmittag »
Die Kernfrage ist, was du erwartest. Reichst dir ein Zeugnis der Note 3? Wobei man bedenken muss: Wenn jemand nach 6 Monaten kündigt, zeigt er ja im Grunde auch, dass ihm die Arbeit in dem Unternehmen nicht liegt.

Was mir vor allem noch negativ auffällt:
"gelang es ihm, Kunden ... das passende Produkt zu präsentieren".
Das klingt so als hätte dich die Präsentation allein schon Überwindung gekostet.

"So konnte er zumeist Verkaufsabschlüsse generieren."
Adverben wie "zumeist", "meistens", "in der Regel" sind in der Zeugnissprache oft ein Synonym für Misserfolg.

Das Beendigungsdatum mitten im Monat (13. Juli) klingt so, als wärst du von heute auf morgen gegangen.


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