Die von Ihnen zitierten Aussagen beziehen sich auf:
Bereitschaft: Neuen Aufgaben gegenüber war er stets aufgeschlossen und arbeitete sich jeweils zügig ein.
Arbeitsweise: Wir lernten Herrn XXXXXX als pünktlichen, zuverlässigen und engagierten Mitarbeiter kennen.
Arbeitserfolg: Hervorzuheben ist eine sehr gute Mitarbeit während eines Workshops zur Verbesserung des Produktionsablaufes.
Leistungszusammenfassung: Herr XXXXXX hat die ihm übertragenen Aufgaben stets zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt.
Verhalten: Sein Verhalten gegenüber Vorgesetzen und Mitarbeitern war jederzeit korrekt und einwandfrei.
Schlusssteil: Mit Herrn XXXXXXX war ein von vorneherein berfristetes Arbeitsverhältnis
geschlossen worden. Dieses kann aus betriebsbedingten Gründen leider nicht fortgeführt werden und endet mit dem heutigen Tage. Wir bedanken uns für die gute Zusammenarbeit und wünschen Herrn XXXXXX für die Zukunft alles Gute.
Einen Überblick über die Struktur eines vollständigen Zeugnisses finden Sie hier:
http://www.arbeitszeugnis.de/images/Zeugnisstruktur.pdf.
Die Gesamtnote eines Zeugnisses ergibt sich aus der so genannten Leistungszusammenfassung ("stets zur vollen Zufriedenheit") und entspricht in Ihrem Zeugnis der Note 2. Eine solche Gesamtnote muss aber, um glaubwürdig zu sein, auch durch die Einzelwertungen in den oben genannten Abschnitten bestätigt werden. Hier weist Ihr Zeugnis u.a. die folgenden Mängel auf:
Passive Aussagen wie "Anfallende Arbeiten wurden ausgeführt" (statt "er führte ... aus") verweisen auf mangelnde Eigeninitiative.
Die Formulierung „Neuen Aufgaben gegenüber aufgeschlossen" ist missverständlich bzw. mehrdeutig. Sie kann dahingehend interpretiert werden, dass der Beurteilte dieses "Neue" nicht auch praktisch umgesetzt hat (Note "mangelhaft").
Die "eine sehr gute Mitarbeit" erweckt den Eindruck, dass die Mitarbeit im Alltag weniger gut war. Auch sollten hier Ihre konkreten Leistungen (hoher Einsatz, Zielerreichung) bewertet werden statt nur die bloße Mitarbeit zu bescheinigen.
Aussagen zu Fähigkeiten und Wissen fehlen komplett, was als "beredtes Schweigen" gedeutet werden, kann ("Leistungen wurden nicht erbracht", Note mangelhaft).
Formulierungen wie „Wir haben ihn/sie als ... kennengelernt“ (statt "Er/Sie war...) könnten als Distanzierung missverstanden werden. Vergleiche auch folgendes Urteil: "Wenn auch die von der Arbeitgeberin gewählte Formulierung "wir haben Frau X. als eine freundliche und zuverlässige Mitarbeiterin kennengelernt" sich nicht abwertend anhört, wird der Arbeitnehmerin damit jedoch gerade nicht bescheinigt, dass sei eine tatsächlich "freundliche und zuverlässige Mitarbeiterin" gewesen ist, denn der Gebrauch des Wortes "kennengelernt" drückt stets das Nichtvorhandensein der im Kontext aufgeführten Fähigkeit oder Eigenschaft aus, wie von Seiten der Germanisten in einer ganzen Reihe von Schriften mit Untersuchungen zur Zeugnissprache eindrucksvoll belegt worden ist. - LAG Hamm 27.4.2000 - 4 Sa 1018/99"
Die Aussage „wir bedanken uns“ (statt „wird danken ihm“) wird in der Zeugnissprache generell eher abwertend verstanden. Diese Formulierung ist reflexiv („sich bedanken“) und beschreibt keine Interaktion. Anders verhält es sich bei der Aussage „wir danken ihm“, in der dem Gegenüber aktiv Dank entgegengebracht wird.
Die Zukunftswünsche sind äußerst knapp gehalten und entsprechen in dieser Form nur der Note 4. Dies lässt den Schluss zu, dass der genannte Beendigungsgrund ("betriebsbedingt") nicht den Tatsachen entspricht.
All diese Mängel erwecken den Eindruck, dass es sich in der jetzigen Form um ein unterdurchschnittliches Zeugnis handelt.
Klaus Schiller, arbeitszeugnis.de