Zunächst einmal stellt sich die Frage, ob über das Ausbildungsverhältnis denn kein eigenes AZUBI-Zeugnis ausgestellt wurde. Dies ist üblich, daher sollte auch auf das AZUBI-Zeugnis hingewiesen werden ("Über den Auszubildungszeitraum gibt das Zeugnis vom DATUM Auskunft").
Die Stellenbeschreibung erweckt nicht den Eindruck großer Eigenverantwortung: "selbständige Erledigung der täglichen kaufmännischen Aufgaben" (=Routine), "Einweisung von Auszubildenden" (nebensächlich) und "Unterstützung der Abteilungsleitung" (wobei denn?!).
Die von Ihnen zitierten Aussagen beziehen sich auf:
Bereitschaft: handelt selbständig und ergreift Initiative (Note 3-4, Motivation/ Engagement wird nicht erwähnt)
Befähigung: Herr X hat sich in neuen Problemstellungen rasch zurechtgefunden und meistert neue Aufgaben recht gut. Er ist jederzeit ideenreich, gibt wertvolle Anregungen (Note 4: "recht gut"= eher nicht gut)
Fachwissen: Herr X zeigt in jeder Hinsicht ein hervorragendes und fundiertes Fachwissen, das er bei schwierigen Aufgaben sehr sicher einsetzt. (Note 1)
Arbeitsweise: Er arbeitet stets sicher, selbständig und mit äußerster Sorgfalt und größter Genauigkeit. (Note 1, aber Effizienz/ Zielstrebigkeit wird nicht erwähnt)
Leistungszusammenfassung: Herr X hat die ihm übertragenen Aufgaben stets zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt. (Note 2)
Verhalten: Herr X zeigt in jeder Hinsicht ein sicheres Auftreten und besitzt Selbstvertrauen. Sein Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Kollegen ist stets einwandfrei. (Note 1)
Schlussteil: Das Zwischenzeugnis wurde auf Wunsch von Herrn X erstellt. Wir hoffen auf noch eine lange und weiterhin gedeihliche Zusammenarbeit.
(Note 3)
Einen Überblick über die Struktur eines vollständigen Zeugnisses finden Sie hier:
http://www.arbeitszeugnis.de/images/Zeugnisstruktur.pdf.
Die Leistungszusamenfassung verweist auf die Gesamtnote 2 ("gut"). Die Einzelnoten in den oben genannten Abschnitten reichen von "sehr gut" (Fachwissen) bis "ausreichend" (Befähigung). Denn in der zu positiver Ausdrucksweise verpflichteten Zeugnissprache bedeuten relativierende Adverbien (in der Regel, ziemlich,
recht, größtenteils, weitgehend usw.) eine starke Abwertung. Kaum berücksichtigt sind dynamische Attribute (engagiert, motiviert, effektiv), auch auf den (Beitrag zum) Vertriebserfolg wird nicht eingegangen. Ebenso fehlt ein Dank für die bisherigen Leistungen.
Zusammenfassend entsteht also der Eindruck eines sehr kompetenten Mitarbeiters, der Routineaufgaben absolut sicher beherrscht, mit neuen Aufgaben jedoch weniger gut zurechtkommt - möglichwrweise weil ihm die Motivation fehlt, sich auf Neues einzustellen.
Klaus Schiller, arbeitszeugnis.de