Autor Thema: Verschiedene Fragen zum Thema Zwischenzeugnis  (Gelesen 3994 mal)

Juria

  • Gast
Verschiedene Fragen zum Thema Zwischenzeugnis
« am: Januar 23, 2007, 03:49:54 Vormittag »
Hallo,
vielleicht könnt ihr mir hier weiterhelfen oder ggf. auch auf andere Quellen verweisen, bin für jeden Rat dankbar.

Ich bin seit fast sechs Jahren einer großen Sozietät (etwa 50 Anwälte, u. a. auch Arbeitsrechtler) in der Verwaltung angestellt und habe dort keinen direkten Vorgesetzten sondern arbeite "für alle". Es gibt eine allgemeine Managerin, die Arbeits- und Zwischenzeugnisse in Zusammenwirkung mit dem Personalchef (diese Position hat immer einer der Anwälte inne, wechselt ca. alle zwei Jahre) erstellt. Bei Sekretärinnen wird natürlich der jeweilige Chef hinzugezogen.

Der bei meiner Einstellung für das Personal verantwortliche Anwalt, mit dem ich immer bestens auskam, ist vor fast zwei Jahren ausgeschieden.  Leider habe ich es damals vor seinem Ausscheiden versäumt, um ein Zwischenzeugnis zu bitten. Ich sah damals noch keine Veranlassung. Inzwischen hätte ich für meine persönliche Bilanzierung nun doch gern mal ein Zwischenzeugnis. Da seit ca. einem Jahr wieder ein anderer Anwalt die Personalverantwortung übernommen hat (d.h. bereits der zweite seit dem Weggang meines "Einstellers") und dieser weit nach mir dort angefangen und kaum mit mir zu tun hat, fürchte ich um eine korrekte Beurteilung. D.h. ich denke nicht, dass alle 50 Anwälte extra dafür befragt werden (die haben natürlich andere Sorgen) sondern gehe nach Erfahrungswerten davon aus, dass der Anwalt einfach die Managerin (mit der ich ca. einmal in der Woche zu tun habe, das Verhältnis zwischen uns ist zwar höflich und korrekt, aber auch nicht von besonderer Sympathie geprägt) bitten wird, sich ggf. um die unterschriftsreife Zeugniserstellung zu kümmern.

Frage 1: Kann ich ein Zwischenzeugnis mit der Begründung verlangen, nach fast sechs Jahren Firmenzugehörigkeit einfach mal eine Bewertung/Einschätzung meiner Leistungen haben zu wollen, oder wird mir das trotzdem gleich negativ ausgelegt? Ich suche ja (noch) keinen anderen Job sondern hätte halt nur gern zur Sicherheit mal was in der Hand. Die Regelung nach §109 GewO ist mir ansonsten bekannt: Gilt mein Grund somit schlicht nicht, weil er so "triftig" sein muss wie dort festgelegt?

Frage 2: Sollte ich in diesem Fall auch selber auf das Zeugnis einwirken bzw. anbieten, selber eins zu erstellen (denke aber eh nicht, dass sie damit einverstanden wären) oder wäre das kontraproduktiv und davon abzuraten? Bzw. kann ich auch darauf bestehen, dass tatsächlich alle Vorgesetzten an der Beurteilung mitwirken?

Frage 3: Könnte ich auch nachträglich noch ein Zwischenzeugnis vom 2004 ausgeschiedenen Personalverantwortlichen, der mich eingestellt hat, verlangen oder ist aus verschiedenen Gründen nicht möglich? (zu lange her, geht ihn nix mehr an, etc.)

und Frage 4: Ich möchte eigentlich auch gerne ein höheres Gehalt verhandeln: Sollte ich das zuerst tun, und dann erst im Falle einer Verweigerung ein Zwischenzeugnis "als Zeichen" verlangen? Bzw. kann ich nach Erhalt eines Zwischenzeugnis damit rechnen, dass ich bei einer normalen Gehaltsrunde sowieso übergangen werde und nicht mit Forderungen kommen brauche, da man mir Abtrünnigkeit unterstellt?

Sorry für die vielen Fragen, ich befasse mich damit zum ersten Mal ausgiebiger. Vielen Dank jedenfalls schon mal für euren Rat.

Juria :wink:

Maggy

  • Gast
Verschiedene Fragen zum Thema Zwischenzeugnis
« Antwort #1 am: Januar 23, 2007, 11:38:10 Vormittag »
Schwieriger Fall.
Verlangen kann man ja im Prinzip alles, aber einen "triftigen Grund" sehe ich nicht. Du müsstest selbst abschätzen, ob ein Zeugniswunsch als Hinweis auf eine bevorstehende Kündigung gedeutet werden würde oder ob man in deiner Firma darin nur einen Routine-Verwaltungsakt sieht. Das ist in jedem Unternehmen anders.

Das mit der Forderung nach einer Gehaltserhöhung zu verbinden ist sehr heikel. Fragst du erst nach einem Zeugnis, erhältst auch ein sehr gutes und willst dann mehr Geld, mit dem Zeugnis als Beweis, kommt das sehr berechnend rüber und der Arbeitgeber fühlt sich vermutlich "aufs Kreuz gelegt". Fragst du erst nach einer Gehaltserhöhung und dann nach einem Zischenzeugnis, wird der Arbeitgeber denken, dass du das Unternehmen verlassen willst - egal ob man der Erhöhung zustimmt oder nicht. Damit kann man sich selbst schnell auf die Abschussliste setzen, weil der Arbeitgeber dann Handlungsbedarf sieht, die Stelle also möglichst schnell sicher besetzt haben will.  

Ob du einen Eigenentwurf einreichen kannst, solltest du vorab klären, vielleicht nimmt der Arbeitgeber das Angebot dankbar an.

Vom 2004 ausgeschiedenen Personalverantwortlichen kannst du offiziell kein Zeugnis mehr bekommen. D.h. es soll Fälle geben, in denen mit ganz viel Wohlwollen der Arbeitgeber einen Blankobogen zur Verfügung stellt und ein früherer Mitarbeiter nachträglich ein Zeugnis schreiben darf, das er dann zurückdatiert. Aber legal ist das nicht, der früherer Mitarbeiter ist ja nicht mehr zur Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber verpflichtet, so dass das Zeugnis vermutlich sehr zu deinen Gunsten ausfallen würde.  Das ist für die meisten Arbeitgeber inakzeptabel. Wahrscheinlicher wäre es, dass vom Arbeitgeber auch jetzt noch dessen Urteil zu deiner Leistung erfragt wird. Zumindest könntest du darum bitten.

Eine Alternative zu einem Zeugnis sind Beurteilungen, vielleicht gibt es das auch bei euch, z.B. in Form einer Jahresbeurteilung, die kommen dann in die Personalakte. Darin wird die Leistung bewertet, das genügt als Nachweis und muss in einem Zeugnis angemessen berücksichtigt werden. Du könntest also um eine einfache Beurteilung bitten.

Juria

  • Gast
Vielen Dank.
« Antwort #2 am: Januar 23, 2007, 11:52:17 Vormittag »
Vielen lieben Dank für die kompetente und ausführliche Auskunft.
Zitat von: "Maggy"

Vom 2004 ausgeschiedenen Personalverantwortlichen kannst du offiziell kein Zeugnis mehr bekommen. D.h. es soll Fälle geben, in denen mit ganz viel Wohlwollen der Arbeitgeber einen Blankobogen zur Verfügung stellt und ein früherer Mitarbeiter nachträglich ein Zeugnis schreiben darf, das er dann zurückdatiert. Aber legal ist das nicht, der früherer Mitarbeiter ist ja nicht mehr zur Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber verpflichtet, so dass das Zeugnis vermutlich sehr zu deinen Gunsten ausfallen würde.  Das ist für die meisten Arbeitgeber inakzeptabel. Wahrscheinlicher wäre es, dass vom Arbeitgeber auch jetzt noch dessen Urteil zu deiner Leistung erfragt wird. Zumindest könntest du darum bitten.

Das habe ich mir fast gedacht, und da es sich ja um Juristen handelt, denke ich schon, dass sie diese Bitte ablehnen würden. Falls ich um eins bitte, frage ich aber trotzdem mal nach, ob die Möglichkeit besteht, den ehemaligen Chef zu Rate zu ziehen. Es besteht aufgrund von früheren Angelegenheiten ohnehin noch regelmässier Kontakt zwischen ihm und der Firma. Prima.
Zitat von: "Maggy"

Eine Alternative zu einem Zeugnis sind Beurteilungen, vielleicht gibt es das auch bei euch, z.B. in Form einer Jahresbeurteilung, die kommen dann in die Personalakte. Darin wird die Leistung bewertet, das genügt als Nachweis und muss in einem Zeugnis angemessen berücksichtigt werden. Du könntest also um eine einfache Beurteilung bitten.

DAS ist eine ausgezeichnete Idee, auf die ich selber gar nicht gekommen wäre. Es gibt solche Beurteilungen bei uns eigentlich nur, wenn es um eine anstehende Gehaltsrunde geht und die Chefs ihre Sekretärinnen bewerten. Wer genau mich beurteilt, weiss ich nicht mal, aber vielleicht ist das trotzdem der diplomatischere Weg, den Wunsch nach einer Einschätzung zu verpacken. Danke!

Könnte ich denn eine solche Beurteilung, falls ich doch mal eine andere, interessante Stelle entdecke, auch den Bewerbungsunterlagen beifügen oder ist das nicht zulässig?

gast

  • Gast
Verschiedene Fragen zum Thema Zwischenzeugnis
« Antwort #3 am: Januar 24, 2007, 01:00:23 Vormittag »
Könnte ich denn eine solche Beurteilung, falls ich doch mal eine andere, interessante Stelle entdecke, auch den Bewerbungsunterlagen beifügen oder ist das nicht zulässig?
Beurteilungen sind eigentlich nur für interne Zwecke. In der Regel werden sie auch nicht ausgehändigt, man kann sie nur einsehen.


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